Private wollen Unfälle aufnehmen

■ Der Sicherheitsunternehmer Piepenbrock möchte Polizeiaufgaben übernehmen. SPD und Opposition begrüßen den Vorstoß. Gewerkschaften und Innenverwaltung sind dagegen

Der Vorschlag des Bewachungsunternehmers Hartwig Piepenbrock, sich künftig an der Erfüllung polizeilicher Aufgaben zu beteiligen, ist auf positive Resonanz gestoßen. SPD, Grüne und PDS begrüßten gestern Piepenbrocks Vorstoß, die Aufnahme von Verkehrsunfällen mit Bagatellschäden durch private Sicherheitsfirmen vornehmen zu lassen.

„Die Polizei muss nicht kommen, wenn zwei Autos Blech produzieren“, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heidemarie Fischer. Solche Unfälle könnten private Sicherheitsdienste aufnehmen. In den Niederlanden sei dies bereits üblich. In Deutschland müsse das aber bundeseinheitlich geregelt werden. Piepenbrocks Vorstoß, auch an der Übernahme von Geschwindigkeitskontrollen zu verdienen, erteilte Fischer eine Absage: „Das geht rechtlich nicht.“ Die Gerichte hätten bereits untersagt, dass Private Parkzettel verteilten.

Ähnlich sehen das die Oppositionsfraktionen Grüne und PDS. „Die Autoversicherungen sparen einen Haufen Geld damit, dass die Polizei die Schäden kostenlos für sie aufnimmt“, so der Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland. Die könnten einen eigenen Service aufbauen. Dadurch sei eine spürbare Entlastung der Polizei möglich. Mehr als ein Drittel aller polizeilichen Tätigkeiten fällt nach Angaben des Sprechers in den Straßenverkehrsbereich.

Die Senatsinnenverwaltung lehnt das Vorhaben Piepenbrocks ab. Mehr als 90 Prozent aller Unfälle seien durch Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten verursacht worden, so ein Sprecher. Diese zu ahnden, sei eine hoheitliche Aufgabe, die nur die Polizei übernehmen könne. „Stellen Sie sich vor, da will Ihnen irgendein Wachmann 75 Mark Ordnungsgeld abknöpfen. Das geht nicht.“ PDS und Grüne lassen dieses Argument nicht gelten. Die Verhängung von Strafgeldern sei selbstverständlich eine hoheitliche Aufgabe, so eine PDS-Sprecherin. „Aber man muss nicht jede Kleinigkeit verfolgen.“ Für den ÖTV-Sicherheitsdienst-Experten Gerd Denzel ist das Ganze eine Geisterdiskussion. „Wir haben große Bedenken, die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben den Gesetzen des Marktes zu überlassen.“ Letztlich gehe es nur ums Geld, das die öffentliche Hand sparen wolle. Ein Piepenbrock-Wachschützer verdiene mit 12,58 Mark pro Stunde wesentlich weniger als ein Polizeibeamter. Piepenbrock gehe es nur darum, seinen Gewinn zu erhöhen. Die Firma erwirtschaftete im vergangenen Jahr in Berlin einen Umsatz von 53 Millionen Mark. 1997 waren es 4,5 Millionen Mark.

Richard Rother