Diepgen kam, surfte und staunte

■ Einige private Anbieter haben sich im Internet Adressen wie „www.regierender-buergermeister.de“ eingerichtet. Doch nun will der Senat diese Domains selbst haben

Nach Flug-, Geschenk- und Bulettenskandälchen hat der Senat nun auch ein virtuelles Problem an der Backe. Nachdem die Senatskanzlei kürzlich beim Surfen im Internet herausfand, dass die Namen www.berliner-senat.de, www.regierender-buergermeister.de und www.abgeordnetenhaus.de vergeben sind, legt sie sich ins Zeug, um die Domains selber belegen zu können.

Die Inhaber wurden vor wenigen Tagen aufgefordert, bis zum 15. März die Namen löschen zu lassen. Begründung: Es handele sich um Verfassungsorgane bzw. Amtsbezeichnungen. Horst Ulrich von der Senatskanzlei verweist auf Paragraph 12 des BGB, der juristischen Personen des öffentlichen Rechts den Schutz ihres Namens gewährt. „Als unbefugter Gebrauch eines fremden Namens kommt jede Namensanmaßung in Betracht, die dazu führen kann, dass eine namensmäßige Zuordnungsverwirrung entsteht“, wurden die Domaininhaber informiert. Bisher firmiert der Senat unter www.berlin.de, einem regionalen Onlinedienst für das Land Berlin, der Regierende Bürgermeister unter www.diepgen.de.

Die Domain „www.berliner-senat.de“ hat sich vor zwei Monaten der Berliner Provider „b-connect“ gesichert. Geschäftsführer Werner Höppner sagte gegenüber der taz: „Ich werde sie nicht kampflos freigeben.“ Der 54-Jährige, der bis vor zwei Jahren in der SPD Wilmersdorf aktiv war, will unter dieser Adresse den Senat vorstellen und „eine Meckerecke“ einrichten, wo „über den Stammtisch hinaus“ diskutiert werden kann.

Bei der Sicherung der Domains „www.regierender-buergermeister.de“ und „www.abgeordnetenhaus.de“ handelt es sich eindeutig um den Versuch, Geld mit dem Erwerb der Namen zu machen. Domain-Inhaber ist die Firma „house of cards“. Der ehemalige Mitarbeiter Thomas Buttmi sagte gestern gegenüber der taz, dass der ehemalige Firmeninhaber diese „Geschäftsidee“ gehabt habe. Im vergangenen Jahr habe dieser „für 36 Mark pro Jahr“ diverse Titel erworben und „erst einmal blockiert“. In einem Fall sei er erfolgreich gewesen. Doch mittlerweile gebe es die Firma nicht mehr. „Wegen Betrugs und weil er sich in den Kopf geschossen hat“, so der 45-Jährige. Seinem ehemaligen Partner gehe es zwar wieder gut, doch er habe jetzt mit den „Altfällen“ zu tun. Buttmi, der in Schöneberg einen Tabakladen betreibt, will von einem Anwalt prüfen lassen, ob er der Aufforderung der Senatskanzlei nachkommen muss. „Wenn der Bürgermeister den Titel will, soll er mich nicht verklagen, sondern mir einen Tausender geben“, tönt er. Ein Ansinnen, mit der er bei der Senatskanzlei auf Granit beißt. „ ‚Der Regierende Bürgermeister‘ ist eine Amtsbezeichnung“, so Horst Ulrich, „da ist die Rechtssprechung sehr zugunsten der Kommunen.“

Demnächst frei wird die Homepage des glücklosen ehemaligen SPD-Spitzenkandidaten Walter Momper. Unter www.momper.de teilt die Partei mit: „Diese Domain wird in Kürze abgeschaltet.“B. Bollwahn de Paez Casanova