Stuttgarter „SudL“-Krise nach Hausmacherart

In Stuttgart feierte sich die 1000. Sendung „Sport unter der Lupe“. Doch wer das über30 Jahre alte Sport-Magazin des SWR schon länger anschaut, weiß eigentlich nicht, warum

Ein paar Worte zum Jubiläum gab es dann doch noch zu verlieren im Fernsehstudio des SWR zu Stuttgart. Keine 50 Mitarbeiter und Gäste hatten sich dort am Donnerstagabend versammelt, um die 1.000. Sendung von „Sport unter der Lupe“ (Do., 21.45 Uhr, SWR) per kleiner Stehparty bei Bier und Häppchen zu feiern, doch sonderlich Erbauliches bekamen sie dabei nicht zu hören.

Noch während im Hintergrund die kurz zuvor produzierte und mit allerlei Glückwünschen voll gepackte Jubiläumssendung über die große Leinwand flimmerte, wurden vorne Worte gesprochen, die wenig Gutes für die Zukunft des Sportmagazins erahnen lassen. Von „schweren Zeiten, in denen wir uns befinden“, war da die Rede, von „Überlebenskampf“ gar. Und es verfestigte sich das Gefühl, dass es sich bei der Veranstaltung eher um eine vorweggenommene Beerdigung denn um einen Geburtstag handeln könnte.

„Die Sendung steht auf der Kippe“, gibt Redaktionsleiter Thomas Wehrle denn auch unumwunden zu, was eine todtraurige Feststellung ist für alle Freunde des hintergründigen Fernsehsports. Schon deshalb, weil „Sport unter der Lupe“, von seinen Fans liebevoll-schnoddrig „SudL“ genannt, das erste (und mittlerweile auch letzte) echte Sportmagazin im deutschen Fernsehen ist. Am 4. September 1969 wurde „SudL“, vom damaligen Sportchef des Südwestfunks Rudi Michel ins Leben gerufen, erstmals ausgestrahlt: Seitdem hat das Magazin Maßstäbe in Sachen hintergründiger Sportberichterstattung im Fernsehen gesetzt. Und seine Macher mit Journalistenpreisen überschüttet, weil sie mit ihren Filmen meist tiefer in den Sport eindrangen als alle anderen und ganz nebenbei doch nie den Blick verloren für all die Schmankerln und Schmonzetten am Rande, ganz egal, ob es dabei um Wettpflügen ging oder den ersten Sport-BH.

Tragisch für „Sport unter der Lupe“, dass all diese Dinge im eigenen Funkhaus nicht viel zu zählen scheinen. „Man steht ein bisschen auf verlorenem Posten, wenn man sieht, wie die Quoten sind“, sagt SWR-Sportchef Michael Antwerpes. Ziemlich konstant bei knapp vier Prozent liegen die seit ein paar Jahren, fünf sollten es nach dem Willen der Senderdirektion sein. Wofür selbst Wehrle ganz offenbar das Verständnis fehlt. „Es ist trostlos“, sagt der, „dass man im dritten Programm eines öffentlich-rechtlichen Senders auf Quote schielt.“

Dabei ist die „SudL“-Krise durchaus auch hausgemacht. Mehrfach wurde in den letzten Jahren der Sendeplatz verschoben, zudem die Sendezeit von 45 auf 30 Minuten heruntergestutzt. Damit einher ging, dass auch die einzelnen Beiträge entsprechend kürzer wurden – und nicht selten oberflächlicher.

Irgendwie wurde „Sport unter der Lupe“ immer mehr wie andere Sportsendungen – und damit auch austauschbar. Zumindest daraus scheinen die Lehren gezogen: „Es ist mir heute scheißegal, wie lang ein Film ist. Hauptsache, er ist gut und spannend“, sagt Thomas Wehrle. Und auch, dass man mit „SudL“ nur eine Überlebenschance habe, „wenn wir das machen, was die anderen nicht machen“.

In anderen Bereichen hingegen sucht man ganz offenbar eher die Anlehnung: Die Studiokulisse wurde bereits vergangenes Jahr auf modern getrimmt, seit der Jubiläumssendung vom Donnerstag ist die „SudL“-Moderation zudem oberste Chefsache. „Wir nutzen die populärsten Gesichter, die wir haben“, sagt Michael Antwerpes und meint damit ganz bescheiden sich selbst – und Franziska Schenk, die der Sportchef für den SWR verpflichtet hat, als Frau für die Quote quasi. Dass die ehemalige Eisschnellläuferin mit ihrem süßen Lächeln und koketten Augenaufschlag ausgerechnet ein Hintergrundmagazin retten kann, wird von Kritikern hingegen schon jetzt bezweifelt. Eine sportjournalistische Ausbildung jedenfalls hat Franziska Schenk nicht genossen.

Frank Ketterer