Vorsicht: „Viertes Reich“

Der FPÖ-Chef bezeichnet Churchill als „Verbrecher“ und lobt die Politik Blairs

Wien/London (dpa/AP/taz) – Jörg Haider hat nach Angaben der britischen Zeitung Sunday Telegraph seine Auffassung bekräftigt, der britische Kriegspremier Winston Churchill sei „einer der größten Verbrecher“ gewesen. Es sei eine „schlechte Entscheidung“ Churchills gewesen, Dresden und andere Städte zu bombardieren, „in denen es keine deutschen Soldaten gab“, wurde Haider zitiert. Haider bestritt diese Aussagen und kündigte an, die Zeitung zu verklagen. Im Vorjahr hatte Haider in einem nicht autorisierten Interview Churchill auf eine Ebene mit Hitler und Stalin gestellt.

Haider äußerte Bewunderung für den britischen Premier Tony Blair. „Er schützt England vor Kriminellen, genau wie wir es tun wollen“, sagte Haider. Zur Absage eines Österreich-Besuchs durch Prinz Charles bemerkte Haider: „Das österreichische Volk wäre enttäuscht gewesen, wenn es Diana gewesen wäre, die kommt und dann abgesagt hätte.“

Am Samstag zogen mehr als 10.000 Menschen quer durch Wien, um ihrem Ärger Luft zu machen. Die Abschlusskundgebung fand vor dem Karl-Marx-Hof im Außenbezirk Döbling statt, auf den Tag genau 66 Jahre nach Ausbruch des Bürgerkrieges von 1934.

In den vier größten Städten Australiens warnten Demonstranten vor einem drohenden „vierten Reich“. Der Protest wurde von jüdischen Holocaust-Überlebenden organisiert, die die Ausweisung des österreichischen Generalkonsuls verlangten. Israels Ministerpräsident Ehud Barak bezeichnete in der Welt die Beteiligung der FPÖ an der Regierung als ein „schlimmes und alarmierendes Phänomen“. Haider ist in Israel zur unerwünschten Person erklärt worden.

Die CSU will Haider nicht nach Bayern einladen. Dies erklärte Generalsekretär Thomas Goppel in München. Goppel reagierte damit auf die Anregung einiger CSU-Abgeordneten, Haider zu politischen Gesprächen einzuladen.

Harsche Kritik am Umgang mit dem FPÖ-Chef hat der frühere WDR-Intendant Friedrich Nowottny geübt. Seine Kollegen Erich Böhme, Marion von Haaren und Sigmund Gottlieb hätten „ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, sagte Nowottny dem Focus.

Der Berliner Politikwissenschafter Hajo Funke hat Politiker und Journalisten aufgefordert, sich mehr mit Haider auseinanderzusetzen. „Man muss seine Geschichte, seine Mitstreiter und seine Positionen kennen, um ihn einordnen und ihm entgegentreten zu können“, sagte Funke. gb