: Herr Hefelekriegt 2 Minuten
Albert Hefele
Es gibt Sportarten, die es verdienen, mindestens einmal im Jahr gegeißelt zu werden. Über meine Lieblingssportart in dieser Hinsicht brauchen wir, glaube ich, nicht extra zu reden. Falls es jemanden gibt – außer Ulla –, der diese Kolumne öfter liest, weiß er ohnehin, welche Sportart gemeint ist. Übrigens: „Hallo Ulla!“ Aber diese nicht mehr extra genannt werden müssende Sportart ist nicht die einzige, die ich mit Inbrunst verachte. Ich bin durchaus flexibel, was das angeht. Darum heute: das Eiskunstlaufen.
■ Dieses Schlängeln und Wedeln der Ärmchen, dies trotzige Das-Kinn-Recken
Ich mag es nicht, obwohl mir natürlich klar ist, dass die Disziplin als solche eine nicht zu verachtende athletische Anforderung darstellt. Eiskunstlauf auf hohem Niveau ist durchaus ein schwierig Ding! Trotzdem. Mich stört ganz einfach der immense Zickigkeits- und Eitelkeitsgehalt dieser Sportart. Zu viele neurotische Mädelchen, die sich von mehr oder weniger größenwahnsinnigen und/oder sadistischen TrainerInnen sechs Stunden am Tag traktieren lassen, nur um schlussendlich in einem „Traum von Tüll und Seide und Nylon“ übers Eis zu schweben. Angestaunt von melancholischen Berufsschwiegermüttern und ihrer neidisch kreischenden Brut, die ihre Zahnspangen hergeben würden, wenn sie sich nur ein einziges mal in solchen Fummel werfen dürften.
Die Männer sind keinen Deut besser. Beziehungsweise noch schlimmer. Während es manche Damen zu einer immerhin erträglichen Symbiose von Ausdruck und ästhetischer Darstellung bringen, wirken die Vorführungen der allermeisten Männer nur noch albern. Diese krampfhaften Versuche, was für die B-Note zu tun! Dieses Schlängeln und Wedeln der Ärmchen, dies trotzige Das-Kinn-Recken und temperamentvoll-wütende Aufstampfen! Diese Kostümchen! Tölpelhafte Versuche, einen Bezug zur Person des Tänzers bzw. zum Thema der Kür herzustellen. Darum trägt der Russe natürlich etwas, das aussieht wie die Uniform eines zaristischen Kavalleristen. Mit Applikationen, die aussehen wie Patronenschlaufen, und weiter unten irgendwas, das aussieht wie Breecheshosen! Wo bleibt die riesige Pelzmütze?
Dagegen wirkt mein anderer Lieblingsdress geradezu klassisch schlicht: Ich nenne es das Notenschlüssel-Kostüm, weil es eigentlich nur aus einem mordsmäßigen, silbern schimmernden aufgenähten Notenschlüssel besteht. Auch schön: der Schlangenanzug, in dem man sich zur indisch wimmernden Hintergrundmusik windet. Albern, wie gesagt. So geht es, wenn man eigentlich nur gut Schlittschuh laufen und springen kann, aber dazu verdonnert wird, große Kunst zu liefern.
Die paar, die das können oder gekonnt haben, kann man sich an einer Hand abzählen, der Rest hat in dieser Hinsicht nicht mehr Potenzial als unser Hans-Jürgen Bäumler selig. Und dessen präsportive Kulturproduktion im Film und auf Tonträgern ist schließlich legendär und ein schönes Beispiel für die künstlerischen Möglichkeiten seiner Zunft. „Eisläufer, bleib bei deinem Axel“, möchte man den Kufenkameraden zurufen, aber: sie werden, fürchte ich – nicht hören und mich Jahr für Jahr mit ihrem Gezappel nerven.
Apropos Axel: „Gut so!“ Offensichtlich haben Dir die Klitschkoschen Watschen nicht so sehr die Sinne verwirrt, dass Du Dich schon wieder und in aller Öffentlichkeit verprügeln lassen möchtest. Auch nicht für schönes Geld. Von dem sich außerdem in erster Linie jene, die dich noch mal und nur allzugern in den Ring geschubst hätten, ein fettes Scheibchen gegriffen hätten. Dir wären dafür die blauen Augen und eine schöne Matschbirne geblieben. Und ein Ehrenplatz in meiner Arschlochmannschaft. Boxer hin oder her.
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