Da ist noch mehr drin

Von Visionen und Grundbedürfnissen: AOL stellt neuen Werbespot mit Boris Becker vor  ■ Von Peter Ahrens

Drin, drin, drin, drin, drin, drindrindrindrin. So, das muss jetzt an dieser Stelle auch reichen. Worum es geht, ist ohnehin klar: Um „den Kultwerbespot in Deutschland der letzten Jahrzehnte“, wie Andreas Schmidt, Chef des Internetgiganten AOL Europe, das nennt. Und Uwe Heddendorp, Geschäftsführer von AOL Deutschland, will da überhaupt nicht hinten anstehen: „Kaum ein Satz in Deutschland ist wohl so berühmt geworden wie der Ausspruch Boris Beckers.“ Das reicht aber nicht, da muss nachgerüstet werden. Spot 2 mit Becker ist seit heute da, gestern war Uraufführung im Curio-Haus: Kultspot natürlich, Kultwort: „Nee, näh“.

500.000 Neukunden in fünf Monaten, 85 Prozent Bekanntheitsgrad des Unternehmens – das ist alles noch nicht genug. Solange es noch ein paar Versprengte gibt, die AOL für eine Krankenkasse halten, läuft die Werbemaschine heiß. Boris wirds richten.

Doch bevor die staunende Öffentlichkeit den neuen AOL-Spot zu sehen bekommt, plauschen Schmidt und Heddendorp erst einmal ein bisschen darüber, wie toll AOL ist. Es wird gegenseitig so fest auf die Schultern geklopft, dass es kracht. Davon, dass man „die Werbebotschaft des Jahres 1999“ kre-iert hat, dass der Slogan zur „populären Formel geworden ist, die die Vision von AOL auf den Punkt bringt“, dass man mit dem neuen Werbetrailer die beiden großen Wachstumsmärkte Internet und Handy zusammenbringen will, dass Becker die Werbung „ungemein glaubwürdig“ rübergebracht hat und dass die Dreharbeiten mit Boris „unheimlich spontan und locker“ abgelaufen seien. Eben dieser ganze Werbesprech, das gesamte Arsenal wird leergeballert. Heddendorp sagt: „Wir haben die Bedürfnisse des Menschen erkannt“ und meint damit nicht Selbstbestimmung oder Obdach für alle, sondern „dass man einfach und schnell ins Netz gelangt“.

Danach kommt der Spot. Boris im Bademantel, Boris schickt eine E-Mail an sein Handy, Boris sagt „Nee, näh?“ und geht, und was steht als Nachricht auf dem Handy? Genau: „drin“. Spot aus, Licht an.

Dann geht im Curio-Haus die Tür auf. Boris kommt rein, die Fotografen und Kameraleute stürzen sich auf ihn, er sagt ein paar Sätze dazu, dass Internet ja heute Alltag sei und sein Sohn das schon besser kann als er und dass Steffi und André „hervorragend zueinander passen“. Er sagt nichts zu einem Spiegel-Bericht, dass er als Gage für den Werbespot als Anteilseigner bei AOL eingestiegen sein soll.

Und während die Journalisten noch heftig drüber diskutieren, wie man „nee, näh“ schreibt – „mit Doppel-e? Mit Frage- oder mit Ausrufezeichen?“ – ist Boris schon wieder draußen. Das war ja einfach.