Ein Döner zum Kuscheln

Als Geschenk gedacht, könnte die Fleischtasche aus Stoff bald kommerziell vermarktet werden

Der erste Döner flog nach Anatolien. Als Reisebegleiter. Der Grund dafür war nicht die mangelnde Verpflegung an Bord, sondern seine besondere Eigenschaft: Er war der erste Döner zum Kuscheln. Vanessa Herb, eine 24-jährige Studentin, hatte ihn spontan zusammengenäht, um eine Freundin damit aus Berlin zu verabschieden.

Dies geschah vor drei Jahren. Dann bekam der erste Döner, mit dem man ins Bett gehen möchte, sporadisch ein paar Geschwister. Die kamen gewöhnlich an Geburtstagen zur Welt. Doch das endete im Herbst vergangenen Jahres, als die Berliner Künstlergruppe Honey Sucker Company an Vanessa Herb herantrat. Sie wollte einen Döner nach New York mitnehmen, zur viel beachteten „Children of Berlin“-Ausstellung im renommierten P. S. 1. Dort wollte aber niemand 25 Dollar für den weltweit teuersten Döner ausgeben.

Seine ersten Käufer fand das Kuschelteil in trendigen Kunstumschlagsplätzen von Mitte. In der Galerie „Radio Berlin“ konkurrierte er mit Bildern von Jim Avignon, in der Galerie „Haus Schwarzenberg“ war er Teil des Weihnachtsbazars. Ein Geschäftsmann war so angetan von der Fleischtasche aus Stoff, dass er gleich zwanzig Kuschelteile forderte.

Nun ist die Dönerproduzentin Vanessa Herb ratlos: „Eigentlich war es einfach eine Bastelei.“ Trotzdem will sie jetzt die Produktionsmöglichkeiten abschecken. Und hat den Kuscheldöner vorsichtshalber als Geschmacksmuster angemeldet. Der Name Kuscheldöner ist damit aber noch nicht gesichert. Das Markenpatent kann sich die 24-jährige Studentin zur Zeit nicht leisten. „Wenn ich damit irgendwann Geld verdiene, ist mir das recht, hauptberuflich möchte ich aber nicht Döner herstellen“, sagt sie. Ihre Zukunft sieht Herb eher als Geschichts- und Lateinlehrerin.

Döner haben bisher in ihrem Leben nicht einmal eine Nebenrolle gespielt: „Ich habe noch nie einen Döner gegessen,“ gibt Herb zu. Wenn sie nachts von den türkischen Speisen Gebrauch macht, entscheidet sie sich für Börek oder die türkische Pizza. Auf ihren Döner muss man länger warten als am Imbissstand. „Zwei Stunden brauch ich dafür an der Nähmaschine, aber die Tätigkeit lässt sich gut mit Fernsehen kombinieren.“ Erst werden die Tomaten, das Fleisch und der Salat produziert – aus Filz und Stopfwolle. Dann wird alles in die Brottasche aus Webpelz eingenäht.

Aus kuscheltechnischen Gründen werden nur einseitig Sesamkörner aus Glasperlen angebracht. Dann ist der Kuscheldöner fertig. Obwohl er für immer unvollständig bleibt, da die Sauce fehlt. Adrian Auer