EU-Ministerrat hätte Haider schon viel früher isolieren können
: Eine kleine Bühne ist auch schön

Als Joschka Fischer von Journalisten gefragt wurde, warum er und seine Außenministerkollegen Jörg Haider im vergangenen Jahr widerspruchslos als Vertreter im Ausschuss der Regionen akzeptiert hätten, da verstand er die Frage überhaupt nicht. Sein Argument: Erst die Beteiligung der FPÖ an der österreichischen Bundesregierung bedeute eine ganz neue Qualität (anders als Haiders Wahl zum Kärntner Landeshauptmann). Deshalb sei jetzt der richtige Zeitpunkt für Sanktionen erreicht. Wahrscheinlicher jedoch ist, dass das demokratische Europa die ganz neue Qualität nach der Kärnten-Wahl schlicht verschlafen hat. Da kam ein Personalvorschlag für den Ausschuss der Regionen auf den Tisch, der vom österreichischen Ministerrat inclusive Viktor Klima abgesegnet worden war – alles klar, Haider ist drin, der nächste Tagesordnungspunkt bitte.

Wer sich mit den Details dieser Ernennungsprozedur vertraut macht, kann unmöglich nachvollziehen, dass der politische Sprengstoff damals nicht gesehen worden ist. Ein von allen Demokraten einhellig als Gefahr für Europa eingestufter Populist, notorisch für seine europafeindlichen Sprüche, darf mit Billigung des Ministerrats in ein EU-Gremium einziehen. Niemand distanziert sich, keiner drückt sein Entsetzen aus – es geht ja „nur“ um ein beratendes Gremium der Regionen. Das wirft vielleicht ein bezeichnendes Licht auf den Stellenwert, der auf europäischer Ebene den Regionen beigemessen wird. Von politischem Gespür zeugt es nicht. Österreichische Insider, die sich Haiders zwei Auftritte im Plenum des Ausschusses genau angesehen haben, warten schon lange darauf, dass die Bombe platzt.

Das hilflose Herumdoktern an der österreichischen Krankheit zeigt sich an diesem Beispiel erneut. Es ist hauptsächlich Angst vor Ansteckung, die das Handeln der Akteure bestimmt. Und Angst ist auch in diesem Fall ein schlechter Ratgeber: Ein bisschen Quarantäne, ohne dass dadurch der laufende Betrieb gestört wird? Oder vielleicht doch besser Sozialtherapie, Einbindung in die EU-Routine, die aus Haider einen guten Europäer machen wird?

In ein bis zwei Jahren, so schätzen Kenner der österreichischen Szene, werden sich Haiders Auftritte im Regionalausschuss ganz von allein erledigen. Neuwahlen wird er dann provozieren, sein Ziel erreichen und Bundeskanzler von Österreich werden. Dann muss er den Ausschuss der Regionen verlassen. Die Auftritte im EU-Ministerrat werden ihn dafür entschädigen. Daniela Weingärtner