Kommentar
: Millionen für die Glaubwürdigkeit ■ CDU sollte klaglos Rückerstattung zahlen

Als braver Linksliberaler mit taz-Abo konnte man der CDU in den letzten Monaten durchaus einiges an Sympathie entgegenbringen. Im Schatten der schwarzen Kassen blühte schließlich die Hoffnung auf eine geläuterte Christdemokratie: Wolfgang Schäuble vertrat irgendwie eine neue Generation, Roland Koch nahm es verblüffend ernst mit der Aufklärung, und so zerknirscht wie Angela Merkel immer tat, schien ihre Erhebung in den Mutter-Teresa-Stand nur eine Frage von Wochen. Doch spätestens seit die Christdemokraten gestern zum Kampf gegen die Strafe des Bundestagspräsidenten bliesen, ist der Wunsch als fromm entlarvt. Rhetorisch hat sich die CDU der linksliberalen Entschuldigungskultur angepasst, aber sobald es um Geld und Macht geht, verfällt sie wieder in Bunkermentalität nach Kanther-Art.

Je länger die CDU-Spitzen ihre Aufklärung betreiben, desto mehr fällt auf, wie weit Worte und Taten auseinander klaffen. Schäuble entschuldigt sich für seine Lügen – und will Parteivorsitzender bleiben. Koch gesteht seine Tricksereien – und will partout nicht abtreten. Merkel bekennt die Sünden der Partei – dafür zahlen will sie nicht. Das Muster wiederholt sich ein bisschen zu oft, um zufällig zu sein. Offenbar kalkuliert die CDU mit dem Überraschungseffekt, den öffentliche Schuldbekenntnisse immer noch haben. Der Anblick reuiger Sünder soll die Frage nach Konsequenzen vergessen machen. In einer Gesellschaft, in der man Politiker im Normalfall als Dauerwerbesendung erlebt, klappt das ganz gut.

Doch die stille Genugtuung des Publikums, einen Politiker in Demutsstellung zu sehen, kann Strafen nicht ersetzen. Indem Merkel und Schäuble gegen die Rückerstattung der 41 Millionen Mark prozessieren, verraten sie den zentralen Wert ihrer gerade ausgerufenen „neuen CDU“: Glaubwürdigkeit. Wie soll man ihren Entschuldigungen glauben, wenn sie gleichzeitig gegen die Konsequenzen klagen? Dabei ist völlig unerheblich, dass findige Anwälte sicher Argumente für einen Einspruch zurechtzimmern können. Im Fall der CDU wäre ein juristischer Sieg eine moralische Niederlage. Wenn die CDU-Führung es ernst meint mit dem Neuanfang, muss sie ein Signal setzen und ihre Juristen zurückpfeifen. Die CDU sollte die 41 Millionen zahlen. Sie wären eine Investition in ihre eigene Glaubwürdigkeit. Patrik Schwarz