Gebissschutz beim Schietwetter-Cup

■ Rugby: In Kiel hält eine Gruppe von 26 Aktiven das Fähnlein des keltischen Spiels hoch

Der Ball ist nicht rund – das lässt sich leicht erkennen. Dann wird es schon schwieriger: Die eine Hälfte der spärlich erschienen Zuschauer der Rugby-Partie zwischen dem FT Adler Kiel und den Hamburg Exiles kennt sich bestens aus: Jeder Pass, jedes Tackling wird beklatscht und kommentiert. Der kümmerliche Rest ist eher zufällig da und wundert sich über ein Spiel, das als Vorläufer des Fußballs gilt, und dessen Regeln und taktischen Finessen hierzulande vielen ein ewiges Rätsel bleiben werden. „Wenn du mit Deutschen über Rugby sprichst, musst Du eigentlich immer ganz von vorne anfangen“, seufzt Carl W. Bradbury. Der Waliser muss es wissen: Immerhin ist er Kapitän des Kieler Verbandsligisten und als solcher leidgeprüft.

So plagen den Rugby-Sport in Kiel seit geraumer Zeit die unerquicklichen Begleiterscheinungen des Dahin-Vegetierens als Randsportart. Denn während auch in der Fördestadt die amerikanischen Sportarten boomen und American Football-Bundesligist New Yorker Hurricanes wöchentlich mehrere tausend ZuguckerInnen ins marode Holstein-Stadion lockt, finden die Begegnungen der Rugby-Mannen vom FT Adler fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Dabei ist ist der Kampf um das Rugby-Ei weit härter und spieltechnisch anspruchsvoller als der mittlerweile große Bruder aus der Neuen Welt. Keine gepolsterten Schultern, keine Helme, lediglich ein spärlicher Gebissschutz und bandagierte Ohren geben dem Akteuren ein wenig Sicherheit. Dass die Härte viele Teutonen vom Rugby abhalten könnte, schwant auch Bradbury: „Die Deutschen spielen nicht, um zu gewinnen, sondern um sich nicht zu verletzen.“ Dabei sind kleinere Blessuren wie blaue Fle-cken, Schürfwunden oder Brummschädel an der Tagesordnung beim Rugby, weshalb ein Spielerkader von 30 Aktiven unbedingt nötig ist.

Beim FT Adler Kiel hingegen treten und tragen derzeit 26 Aktive aus zehn Nationen den 440 Gramm schweren Ball umher. Die meisten von ihnen stammen aus den Rugby-Mutterländern England, Schottland, Frankreich oder Australien. Neue Aktive sind jederzeit willkommen. „Auch Deutsche“ grinst Carl W. Bradbury – nicht ohne gleich auf die für deutsche Verhältnisse große Rugby-Tradition des Kieler Clubs zu verweisen. Denn bis immerhin 1963 florierte bei der Freien Turnerschaft aus Kiel eine muntere Rugby-Abteilung, bis sie mangels Aktiver sanft entschlief. Britische Studenten reanimierten 1988 die Rugby-Sparte und heute spielt das Team in der Verbandsliga. Die umfasst sechs Mannschaften aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Und die Kieler rangieren derzeit auf dem, ja, auf dem wievielten Tabellenplatz eigentlich? Carl W. Bradbury ist sich nicht sicher. Eine kurze Nachfrage bei den Teamkollegen aber ergibt zweifelsfrei: „Der FT Adler belegt den dritten Platz in der vierten Rugby-Liga.“ Die kurze Unklarheit über den Tabellenstand ist nicht ganz untypisch, ist doch der Amateurethos bei den Aktiven dieser Sportart besonders ausgeprägt.

So verwundert es nicht, dass neben der Punktrunde auch die Freundschaftsspiele und -turniere für die Kieler besondere Bedeutung haben. Ganz oben auf der Agenda: Der „Schietwetter-Cup“, den der FT Adler jedes Jahr am ersten Sonnabend der Kieler Woche ausrichtet. 24 Mannschaften aus aller Welt und ungefähr 2.000 ZuguckerInnen erwartet der FT Adler in diesem Jahr. Und da zumindest findet der der faire Sport der harten Männer und Frauen endlich die ihm gebührende Aufmerksamkeit.

Ganz nebenbei: Die Partie gegen die Hamburg Exiles hat der FT Adler Kiel mit 34:17 gewonnen. Die Kieler festigten so ihren dritten Tabellenplatz in der Verbandsliga. Aber das ist ja nicht so wichtig.

Matthias Anbuhl

FT Adler Kiel:

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