Auf du und du mit der Justiz
: „Mangel an Sensibilität“

■ Befangenheitsantrag im Bernstein-zimmer-Prozess hat ein Nachspiel

Die politische Mehrheit aus SPD und CDU-Abgeordneten im Rechtsausschuss ließ den – einzigen – Grünen im Ausschuss, Hermann Kuhn, gestern auflaufen. Kuhn hatte gefordert, die Wahrnehmung der Dienstaufsicht der Justizbehörde gegenüber den Gerichten genauer zu betrachten. Jüngster Anlass war dabei eine Intervention der Behörde beim Landgericht im Zusammenhang mit dem „Bernsteinzimmer-Prozess“.

Dabei hatte eine drängende Behördenanfrage nach der Terminierung der Verhandlung

– mit Hinweis auf mögliche Dienstaufsichtsmaßnahmen – zu Aufregung auch unter Bremer Richtern geführt. „Alle Beteiligten haben das so aufgefasst, dass Sie darauf gedrungen haben, dass nun mit diesem Verfahren begonnen wird“, wendete sich Kuhn an Justiz-Staatsrat Ulrich Mäurer. Zwar war ein Befangenheitsantrag der Verteidigung wegen „Einflussnahme auf die Unabhängigkeit des Gerichtes“ abgelehnt worden – jedoch nur, weil die Richter der Kammer sich der Kritik der Behörde entgegengestellt hatten.

In der Sache aber gaben die Richter, die den Befangenheitsantrag entschieden, dem Verteidiger Recht: Die Justizbehörde habe tatsächlich versucht, die betroffenen Richter zu beeinflussen. Dies sei mit dem rechtsstaatlichen Gewaltenteilungsprinzip nicht vereinbar.

Doch als dieser letzte Tagesordnungspunkt gestern behandelt werden sollte, wandte sich insbesondere der Ausschuss-Vorsitzende Horst Isola (SPD) dagegen, sich im Rechtsausschuss „zu einem laufenden Verfahren zu äußern“. Auch könne man nicht über die Einschätzung der ersten Kammer des Landgerichts nachträglich befinden. „Das ist die Dritte Gewalt.“ Die Entgegnung Kuhns, es gehe um eine politische Einschätzung darüber, ob die Justizbehörde ihre Dienstaufsicht richtig wahrnehme – gerade vor dem Hintergrund der geplanten und umstrittenen „Steuerungskommission“, die die Tätigkeitsbereiche von Staatsanwaltschaft und Gerichten bewerten soll – konnte sich dagegen nicht durchsetzen.

Dennoch äußerte sich schließlich Justizstaatsrat Mäurer zur Dienstaufsicht. Er habe in dem Rahmen gehandelt, wie er 1993 – nach dem Bekanntwerden von eklatanten Schlampereien in der Staatsanwaltschaft – in der Justizdeputation abgesteckt wurde. Alles andere sei „abwegig“, verwies er auf Urteile auch des Bundesgerichtshofs. Er musste sich – während die große Mehrheit der Abgeordneten weitgehend schweigsam blieb – von Kuhn rügen lassen. „Da fehlte es an Sensibilität. Die richterliche Unabhängigkeit ist ein hohes Gut.“ ede