Sozi-Empfänger warten auf Jobs

Wegen der Haushaltssperre stehen nicht nur zahlreiche Fördermaßnahmen auf dem Spiel, sondern auch Mittel der EU

Trotz der bisher geflossenen Mittel für das Förderprogramm „Integration durch Arbeit“ (IdA), das Sozialhilfeempfängern einen befristeten Job verschafft, ist die Zukunft für mehrere hundert Betroffene weiter unklar. Diese können nicht, wie ursprünglich geplant, in den nächsten Wochen mit ihrem Job anfangen, weil die Finanzierung bis zur Verabschiedung des Landeshaushalts Ende April offen ist.

Der Grund: Die derzeit wirksame Haushaltssperre, von der erstmalig auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nicht ausgenommen sind. „Dieser Schwebezustand ist für die betroffenen Menschen und Träger nicht hinnehmbar“, sagte gestern die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sibyll Klotz.

„Wir haben bereits mit 80 Bewerbern Gespräche geführt. Die müssen wir jetzt auf Ende April vertrösten, wenn der Landeshaushalt verabschiedet ist“, kritisiert Marianne Haller vom Forum Arbeit und Projekte – einer der vielen freien Träger, die das Programm umsetzen. Von den insgesamt 7,5 Millionen Mark, die bisher geflossen seien, könnten im Forum nur diejenigen Sozialhilfeempfänger profitieren, die sich bereits in einer so genannten Vorschaltmaßnahme befinden, so Haller. Ursprünglich habe die Arbeitsverwaltung gar versucht, den Beginn bereits fest zugesagter Maßnahmen bis zur endgültigen Verabschiedung des Landeshaushalts zu verschieben. Die Folge: eine große Verwirrung und Entrüstung in der Arbeitsvermittlerbranche.

Dabei trägt das Land nur rund ein Viertel der Kosten dieser IdA-Stellen – 8.500 Mark pro Person. Der Rest wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und der ohnehin zu zahlenden Sozialhilfe finanziert. Die IdA-Einsatzgebiete sind unterschiedlich. Je nach Qualifikation arbeiten die ehemaligen Sozialhilfeempfänger, darunter etliche Akademiker, ein Jahr lang in Jugendklubs, Archiven, Museen, Musikschulen, freien Theatern. „Das ist kein Papieraufsammeln“, sagt Haller. Zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen sollen die Teilnehmer fit für den ersten Arbeitsmarkt machen. Auch wenn das nicht klappt, haben alle Beteiligten etwas davon: Die Betroffenen erwirken Ansprüche auf Arbeitslosengeld, und die Sozialämter sind ihre Kunden erst einmal los.

Für Klotz ist deshalb unverständlich, warum der Senat nun die Umsetzung des Programms gefährdet. Die Sparvorgabe sei doppelt unsinnig, weil am Ende das Land langfristig Gelder bei der Sozialhilfe einspare. „Wir erwarten statt dem ständigen Hin und Her ein abgestimmtes Konzept der Arbeitsförderung, das Kontinuität und Qualitiät in den Mittelpunkt stellt.“

„Es ist ein Skandal, dass nach monatelangen Vorbereitungen immer noch bis zu 1.500 Menschen in der Luft hängen“, kritisiert PDS-Fraktionsvize Carola Freundl. Im schlimmsten Fall werde das IdA-Programm über April hinaus gar nicht weitergeführt. Erschwerend kommt nach Freundls Ansicht hinzu, dass die Betroffenen nicht wie üblich in andere arbeitsmarktpolitische Programme ausweichen können. „Die unterliegen zurzeit alle einem Spardiktat.“ Arbeits- und Gesundheitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) wolle offenbar in der Arbeitsförderung Gelder sparen, um damit teilweise die angedachten Beschäftigungsgesellschaften zu finanzieren, die den geplanten Arbeitsplatzabbau im Klinikbereich abfedern sollen, so Freundl.

Für die noch nicht genehmigten IdA-Stellen könnte es allerdings auch dann knapp werden, wenn Ende April das finanzielle O.K.kommt. Spätestens bis zum 30. Juni müssen alle Arbeitsverträge unterzeichnet sein, weil ein Jahr später die Mittel der Europäischen Sozialfonds auslaufen. „Wenn dann einer kurz vor knapp abspringt, können wir die Stelle nicht mehr besetzen“, befürchtet Haller. Dringend in der Stadt benötigte Fördermittel wären verloren.

Richard Rother