Die Isolierung des Iran wäre kontraproduktiv. Die Oppositionim Land will Unterstützung und darf nicht allein gelassen werden
: Kontakte, Kontakte, Kontakte

Die Meldungen aus dem Iran setzen uns immer wieder in einem Wechselbad der Gefühle aus. Auf die Freude über die Wahl des Reformers Chatami zum Präsidenten im Jahre 1997 folgte die Bestürzung über die Ermordung der Schriftsteller ein Jahr später. Nach dem Erfolg der Reformer bei den Kommunalwahlen 1999, die Chatami erstmals ermöglicht hat, wurden die Studentenproteste blutig niedergeschlagen. Bis heute gibt es keine rechtsstaatlichen Verfahren; Anwälte, die die Schriftstellermorde aufklären wollen, erhalten keinen Einblick in die Akten; immer wieder gibt es unbestätigte Meldungen über Todesurteile.

Vor den Parlamentswahlen fand ein zähes Ringen um die Kandidaten statt. Nicht nur der Favorit der Reformer, der ehemalige Innenminister Nuri, wurde verurteilt und an einer Kandidatur gehindert, auch die nicht religiösen „Liberalen“ wurden von den Wahlen ausgeschlossen. Der Machtkampf im Iran ist noch lange nicht entschieden – selbst wenn das Reformlager gestärkt aus den Wahlen hervorgehen sollte.

Während der Ära Kohl haben drei Dinge die deutsche Iranpolitik geprägt: Das waren der Mykonos-Prozess und der gescheiterte so genannte kritische Dialog unter dem damaligen Außenminister Kinkel. Und schließlich gehörte dazu auch die Geiselhaft des deutschen Kaufmanns Hofer.

Die grüne Bundestagsfraktion hat in Oppositionszeiten die iranische Regierung stark kritisiert. Zu Recht. Dadurch geriet aber aus dem Blickfeld, was sich „unterhalb“ dieser Regierungsebene tat. Erst nach der Wahl von Präsident Chatami im Mai 1997 hat sich unsere Aufmerksamkeit mehr auf jene Kräfte gerichtet, die ermöglicht hatten, dass sich „oben“ etwas ändern konnte und Chatamis Kandidatur erfolgreich war.

Die Außenpolitik der Bundesregierung steht klar auf dem Wertefundament der Menschenrechte. Das bringt uns von den einen den Vorwurf des „Moralismus“ ein, andere befürchten, dies sei westlicher Kulturimperialismus. Weder das eine noch das andere trifft zu. Es gibt gute Gründe, die Einhaltung der Menschenrechte zu fordern. Sie bilden letztlich die Grundlage für Frieden und Stabilität. Gerade Deutschland hat in eigener, leidvoller Geschichte erfahren, was es bedeutet, wenn elementare Menschenrechte verletzt werden. Wie viele kritische Köpfe hat die Nazi-Diktatur zensiert, vertrieben und ermordet! Was also können wir konkret tun, um die Reformkräfte im Iran zu stärken?

Zentrales Element scheint mir zu sein: Kontakte, Kontakte, Kontakte. Und zwar mit den viel gerühmten zivilgesellschaftlichen Kräften, die es im heutigen Iran so zahlreich gibt. Dazu gehören die Literaten und die unabhängigen Zeitungsredaktionen. Sie alle erwarten, dass sie mit ihrem Wunsch nach Freiheit nicht allein gelassen werden. Die iranischen Schriftsteller fordern: „Verlegt unsere Bücher. Lest unsere Texte.“ Das ist jetzt geschehen auf der letzten Frankfurter Buchmesse; erstmals nach zehn Jahren Sperre waren iranische Verlage wieder eingeladen. Zudem können wir öffentlich machen, was wir im Land gesehen und gehört haben. Wir können die Menschen einladen, die sich im Iran für die Menschenrechte einsetzen, damit sie hier zu Wort kommen. Wir reden selbstverständlich bei allen offiziellen Gesprächen Klartext: über die Menschenrechte, die Morde, ihre Aufklärung und über öffentliche rechtsstaatliche Gerichtsverfahren. Im Mai 1999 bin ich in den Iran gereist, und es war deutlich zu spüren: Die Menschen im Iran brauchen und wollen Reformen. Der Preis, den diejenigen bezahlen, die sich für Toleranz und Pluralismus einsetzen, ist hoch. Sie wollen ohne Gewalt in Freiheit leben und brauchen unsere Unterstützung. Rita Grießhaber