„Kein reguläres Arbeitsverhältnis“

■ Nach BAG-Grundsatzentscheidung: Klage polnischer Zwangsarbeiterin muss ans Zivilgericht verwiesen werden

Das Hamburger Arbeitsgericht wird wohl nicht über die Klage der ehemaligen NS-Zwangsarbeiterin Stanislawa R. gegen den Senat entscheiden. Der Fall der Polin muss an das Zivilgericht verwiesen werden. In einer Grundsatzentscheidung hat das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag ehemaligen Zwangsarbeitern den Weg an die Arbeitsgerichte versperrt. Stanislawa R. kommt das teuer zu stehen: Vor dem Zivilgericht muss sie einen Kostenvorschuss einzahlen, der sich nach Schätzung von Arbeitsgerichtssprecher Christian Lesmeister auf 1500 Mark belaufen kann.

Die heute 72jährige war von Polen nach Hamburg verschleppt worden, wo sie zwischen August 1943 und Mai 1945 auf einem landwirtschaftlichen Gut der Stadt arbeiten musste. Sie forderte vorigen Sommer vor dem Arbeitsgericht rund 25.000 Mark Lohn und Schadensersatz. Den Vorschlag, sich außergerichtlich auf 13.000 Mark zu einigen, lehnte der rot-grüne Senat ab.

Dass die Arbeitsgerichte nicht zuständig seien, begründete das Bundesarbeitsgericht damit, dass bei Zwangsarbeit unter dem NS-Regime kein reguläres Arbeitsverhältnis zugrunde gelegen habe. Die Meinung war auch in Literatur und Rechtsprechung jahrelang vertreten worden – bis im Mai vorigen Jahres das Nürnberger, im August dann auch das Hannoversche Arbeitsgericht Klagen ehemaliger NS-ZwangsarbeiterInnen annahmen.

Demgegenüber hatte der Hamburger Senat vertreten, das hiesige Arbeitsgericht könne nicht über den Fall Stanislawa R. entscheiden. Er wollte das Verfahren aussetzen, bis die Bundesstiftung zur Entschädigung ehemaliger ZwangsarbeiterInnen gegründet ist. Das Arbeitsgericht hielt dagegen, juristisch seien „Opportunitätsüberlegungen“ kein Argument, einer Klägerin Rechtsschutz zu verwehren.

Faktisch könnte es dennoch darauf hinauslaufen: Das Arbeitsgericht muss die Abgabe des Falles beschließen, die Akten müssen von einem zum nächsten Gericht weitergereicht und dort neu bearbeitet werden. Das kostet Zeit. Vielleicht so viel, dass Stanislawa R. doch einen Antrag bei der Bundesstiftung einreichen muss. Elke Spanner