Natürliche Glaubensfrage

■ 100 Prozent Polyester, trotzdem öko? Recycelbare Windjacken

Die rot-schwarzen Sympatex-Bergsteiger-Jacken sehen aus wie frisch aus dem Sportgeschäft. Sind sie aber nicht – die Windbreaker gibt es bei Greenpeace und sind zu 100 Prozent aus recyceltem Plastik. Vom Reißverschluß bis zur Klimamembrane – können die Sachen jetzt zu neuen Jacken verarbeitet werden, wenn das Polyester nicht mit anderen Sorten vermengt wird.

Recycelbare Plastik-Kleidung dürfte das neueste Angebot auf dem Markt der Öko-Textilien sein, wobei es eine Glaubensfrage ist, ob sich die Kundin überhaupt auf Plastik einlassen will oder nicht. Aber eine Klimamembran oder ein richtiges Fleece lässt sich nun einmal nur aus Kunststoff herstellen, und so kann die Umwelt wohl froh sein, wenn ihr einige Hersteller durch Membran-Recycling ein bisschen entgegenkommen.

Auch so ein Kompromiss kann weit gehen, weil zu einem politisch korrekten Kleidungsstück in den Augen von Greenpeace drei Komponenten gehören: Das Material sollte ökologisch unbedenklich sein – Pflanzenfasern sollten aus kontrolliert biologischem Anbau stammen, die Farben keine krebserzeugende Chemie enthalten und die Kunststoffe PVC-frei sein.

Die Stoffe sollten unter sozial verantwortbaren Bedingungen hergestellt werden – ohne Kinderarbeit, mit fairen Löhnen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen. Natürliche Ressourcen sollten geschont werden – etwa durch Herstellung ohne Zwischentransporte, Langlebigkeit und Reparierbarkeit.

Zielkonflikte sind bei so einem Katalog kaum vermeidbar. „Wir orientieren uns an maximaler Haltbarkeit“, sagt zum Beispiel Steffen Dietz von Patagonia. Die Kalifornier stellen aus gebrauchten PET-Flaschen und 25 Prozent neuem Polyester Fleece-Pullover her. Sind die Pullover kaputt, können sie bloß zu minderwertigen Folgeprodukten verwurstet werden. Weil sie dieser Not noch nicht entrinnen konnten, machten die Leute von Patagonia daraus eine Tugend: Sie verzichten auf Sortenreinheit und verwenden für einzelne Komponeneten, etwa Reißverschlüsse, besonders langlebiges Material.

Dafür hängen jetzt die ersten Öko-Plastik-Windjacken in einigen Greenpeaceläden auf der Stange. Der Kreislauf ist aber erst jetzt in Gang gesetzt worden – bis er auf Touren kommt, wird es noch ein Weilchen dauern. Gernot Knödler