Ein Zeichen setzen für alle

Nach jahrelangem Ringen wurde das bundesweit erste einheitliche Öko Prüfzeichen für Lebensmittel eingeführt.Zu spät, sagen Kritiker, die unnötige Verwirrung im Label-Wald befürchten ■ Von Kim Kindermann

Endlich ist es da, das erste deutsche einheitliche Öko Prüfzeichen (ÖPZ). Nach Jahren des Ringens kommen die deutschen Ökolandanbauverbände nun der Forderung von Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen für erhöhte Verbrauchersicherheit im Lebensmitteleinzelhandel nach. Das Öko Prüfzeichen (ÖPZ) soll Schluss machen mit der Verunsicherung in Sachen Öko. Denn in Zukunft gilt: Wo das ÖPZ draufklebt, da handelt es sich garantiert um ein Produkt aus ökologisch kontrolliertem Anbau. Punktum. Das neue Zeichen soll neben den Verbandslabeln wie etwa Demeter oder der handelseigenen Ökomarke übergreifend und zusätzlich auf dem Etikett der Ware stehen und damit keinen Zweifel mehr über die Echtheit der Bioware aufkommen lassen.

Garantiert wird das von der Öko Prüfzeichen GmbH, die zu jeweils 50 Prozent von der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau e.V. (Agöl) und der Centrale Marketing Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) getragen wird.

Voraussetzung für die Vergabe des ÖPZ ist neben der gesetzlichen EU-Bio-Verordnung auch die Einhaltung der Agöl-Richtlinien, wie es so schön in den um Klarheit bemühten Ausführungen der ÖPZ GmbH heißt. Was – für den Laien übersetzt – konkret bedeutet: Erst dann, wenn ein Landwirt seinen Betrieb komplett auf den ökologischen Landbau umgestellt hat, wird das ÖPZ an das Unternehmen vergeben.

Und genau das ist wichtig, betont die Geschäftsführerin der Agöl, Dr. Manon Haccius. „Im Unterschied zur gesetzlichen EU-Bio-Verordnung wollen wir mit dem ÖPZ deutlich machen, dass ein Produkt erst dann wirklich öko ist, wenn es von einem Hof stammt, in dem sämtliche Zweige des Betriebes harmonisch ineinander greifen.“

Will also beispielsweise ein Landwirt das neue Prüfzeichen bekommen, muss der gesamte Betrieb umgestellt werden, das heißt, seine Pflanzen müssen nach streng ökologischen Kriterien angebaut beziehungsweise seine Tiere artgerecht gehalten werden. Und das wird regelmäßig von unabhängigen Kontrollstellen überprüft. Gleiches gilt auch für Verarbeiter und Großhändler; auch hier wird der Warenkreislauf streng kontrolliert.

Zudem werden mit dem ÖPZ bevorzugt deutsche Produkte ausgezeichnet. Nur wenn es keine einheimische Alternative gibt, kann das ÖPZ auch an ausländische Produkte vergeben werden.

So weit, so gut. Doch noch fehlt es an Interessenten. Bislang sind es gerade mal 30 Lizenznehmer, die das neue Prüfzeichen nutzen. Und das mag wohl an den Kosten liegen. So müssen Händler und Verarbeiter 0,27 Prozent des Nettoumsatzes zahlen, um die ÖPZ-Lizenz zu erwerben. Einzige Ausnahme: Nur für die Unternehmen der Agöl-Mitgliedsverbände wie Demeter oder Bioland ist es zwei Jahre lang kostenlos.

Aber selbst das scheint nicht zu helfen, denn ein Blick in den Ökoladen beweist, noch ist kein ÖPZ in Sicht. „Wir haben zwar schon von dem neuen Öko Prüfzeichen gehört, aber bisher ist kein einziges unserer Produkte damit ausgezeichnet“, klagt Michael Kutzner von der Berliner Bio Company. Aber diese Kritik stößt bei der ÖPZ GmbH auf taube Ohren. Nicht der klassische Ökoladen sei die Hauptzielgruppe, erklärt deren Medienreferentin Gabriele Maier-Spohler, sondern in erster Linie wolle man mit dem neuen Prüfzeichen Verbraucher ansprechen, die bisher eher selten oder sogar noch nie Ökoprodukte gekauft haben. Kurz: Der Supermarkt um die Ecke ist also gemeint. Demnächst soll bei Einzelhandelsketten wie zum Beispiel der Rewe- oder der Metro-Handelsgruppe, das Öko Prüfzeichen Teile des Warenangebotes schmücken.

Und das mit gutem Grund, schließlich gilt es den Absatzmarkt für Ökoprodukte zu vergrößern. Gerade mal zwei Prozent des Gesamtumsatzes an Lebensmitteln fielen 1998 an Ökoprodukte. Bei einem Jahresumsatz von insgesamt 200 Milliarden Mark ein magerer Anteil. Mit dem ÖPZ, so hoffen die Vertreiber, soll das anders werden. Vor allem dann, wenn Ökoprodukte raus aus der Nische des Ökoladens und rein in den normalen Supermarkt kommen. Doch schon rauscht es im Schilderwald gefährlich: Denn oft vertreiben auch Handelsgruppen schon ein hauseigenes Naturkostlabel, wie etwa Füllhorn aus der Rewe-Gruppe, und diese sehen sich schon so fest am Markt etabliert, dass auch sie – bisher zumindest – schwer von der Notwendigkeit eines weiteren Siegels zu überzeugen sind. Zumal dadurch auch für sie weitere Kosten entstehen. Trotzdem bleiben die Gesellschafter der ÖPZ GmbH optimistisch. „Wir wollen einen echten Öko-Boom auslösen“, sagt Dr. Peter Schaumberger vom Anbauverband Demeter. Ob es dazu tatsächlich kommen wird, bleibt abzuwarten.

„Zehn Jahre haben wir um das einheitliche Öko Prüfzeichen gerungen, jetzt ist es eigentlich zu spät dafür“, kritisiert Joachim Fuchs vom Bundesverband für Naturhandel und Naturkost (BNN). „In Deutschland haben sich die jeweiligen Anbauverbände mit ihren Zeichen doch schon so stark durchgesetzt, dass jetzt ein zusätzliches Siegel nur weiter verwirrt.“ Außerdem, so die Kritiker, gibt es seit Anfang diesen Jahres auch das kostenlose EU-Ökosiegel. „Wer soll sich in dieser Zeichenflut noch zurechtfinden?“, fragt Joachim Fuchs zu Recht.

Dass Handlungsbedarf in Sachen Öffentlichkeitsarbeit besteht, hat die ÖPZ GmbH schnell erkannt. Für den Anfang stehen immerhin schon 5,8 Millionen Mark für eine gezielte Werbekampagne bereit.