Berlinalie
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Wie schön soll der Kapitalismus eigentlich sein? Wie exklusiv, doch ja nicht elitär? Wie zugänglich für jedermann, aber bloß nicht massentauglich? Irgendwann fragt man sich wirklich, was all das Potsdamer-Platz-Bashing eigentlich soll. Offensichtlich wäre unter den Bedingungen der Globalisierung das Paradies gerade noch eine akzeptable Lösung. Mailand sollte es mindestens sein, ehrwürdige Pracht, Galleria Vittorio Emanuele. Kann schon sein, dass die Regenten kleiner Königreiche früher netter bauten als die heutigen Herrscher weltweiter Firmenimperien.

Aber warum soll eigentlich das verdammte Geld, das da von Developpern und Großkonzernen wie Sony in den Berliner Sand gesetzt wurde, nicht aussehen, wie Geld eben heute aussieht? Ständig hört man die Klage, da gibt’s doch nur H&M wie anderswo, und den Juwelier Christ oder die Parfümerie Douglas. Ist schon wahr, aber Maredo Grillfleisch bezahlt eben Hans Kollhoffs „Flat Iron Building“-Fantasie. Und gerade das hat doch seinen süffisanten Charme. Da wird nach ewigem Suchen endlich im ostfriesischen Wittmund eine Ziegelbrennerei gefunden, die Torfbrandklinker(!) liefern kann, und dann steckt ausgerechnet Maredo in dem edlen Kleid. Ist doch super! Ja, hier geht’s um Rendite. Aber das wollen wir nicht sehen.

Und bitte nicht laut sagen, dass wir alle die Asia-Snack-Bude im ersten Geschoss der Arkaden richtig gut finden, dass die Santa Monica Mall von Frank Gehry in Los Angeles auch nicht anders aussieht, dass da auch nur Foot Locker et al. Mieter sind. Klar ist die Provinz überall. Dafür wartet diese Berlinale mit den technisch besten Projektionen auf, den bequemsten Kinosälen, den kürzesten Wegen und den häufigsten Kaffeeverabredungen, weil man die Leute tatsächlich trifft. Nur die halsbrecherische, dysfunktionale Treppe zum Berlinale-Palast ist richtig Scheiße. Wbg