Hilf, Winnie, hilf!

Vom Millionär zum Tellerwäscher: Der Karlsruher SC, eben noch im Uefa-Cup, nähert sich der Regionalliga. Jetzt kommt TeBe mit Ex-Trainer Schäfer

Karlsruhe (taz) – Manchmal sind es die ganz kleinen Dinge im Leben, die Hoffnung zu spenden vermögen in schwerer Zeit. Etwa die zweite Halbzeit am Montag in Bochum. Dort hatte der Karlsruher SC zwar wieder verloren (1:2), für Joachim Löw, den Trainer, aber war es doch ein kleiner Lichtblick in fußballerischer Finsternis: „Was wir nach dem Seitenwechsel geboten haben“, sagte der Mann, den alle nur Jogi nennen, „kommt meiner Vorstellung von Fußballspielen sehr nahe.“

Schön für den netten Herrn Löw und seinen KSC. Mehr noch aber besitzt der Satz Aussagekraft über die Tiefe der Not, in der der Tabellenletzte aus Liga zwei seit einigen Monaten herumdümpelt. Ganze 2 Siege in 17 Spielen, noch gar keinen unter Löw, dessen Bilanz sich schon deshalb ziemlich jämmerlich liest: 4 Punkte in 8 Partien gesammelt, dabei ganze 5 Tore geschossen. Auch deshalb konnte sich der 40-Jährige, seit Ende Oktober als Hoffnungsträger im Badischen tätig, schon über 45 einigermaßen ansehliche Minuten freuen.

Es herrscht also Alarmstufe rot beim ehemaligen Uefacup-Halbfinalisten; vom Aufstieg, dem offiziellen Rundenziel, der in der Vorsaison nur um einen Punkt verfehlt wurde, wagen sie nicht einmal mehr zu träumen. „Die Lage ist ernst“, warnt Löw auch seit Wochen mit der Beharrlichkeit einer Gebetsmühle; andere wiederum behaupten, die Lage sei bereits hoffnungslos. Jedenfalls ist in diesen Tagen beängstigend oft die Rede von der Regionalliga.

Kein Wunder, dass sich die Schuldzuweisungen mehren. In die Kritik gerutscht ist ganz allmählich auch Guido Buchwald, ehedem Fußballweltmeister und jetzt Sportdirektor beim KSC, der gemeinsam mit Löw-Vorgänger Rainer Ulrich für die Zusammenstellung des aktuellen Kaders verantwortlich zeichnete. „Vieles kam aus der Not heraus“, sagt der Mann aus Walddorfhäslach mit durchaus schroffem Unterton, und: „Die, die ich gekauft habe, waren billig. Fehler wurden vor meiner Zeit gemacht. Was da alles gekauft und verkauft wurde ...“

Eine Menge war’s, und die Verantwortlichen weilen längst nicht mehr im Badischen. Zum Beispiel Ex-Geschäftsführer Klaus Fuchs, der noch im Abstiegsjahr 1998 getönt hatte, der KSC sei der reichste Zweitligist aller Zeiten, und sich dann nach Wolfsburg flüchtete. Oder Trainer Jörg Berger, der Fachmann in Sachen Abfindungen, der auch in Frankfurt schon wieder sein Bündel hat packen müssen. In Karlsruhe haben die beiden gemeinsam die Kunst des Fehleinkaufs zur Geschäftsgrundlage erhoben; rund 15 Millionen Mark, so heißt es, soll der KSC allein in seiner ersten Zweitligasaison zum Fenster hinausgeschmissen haben. Erinnert sei nur an den Spanier Rafael Martin-Vazquez, beim KSC zu Ruhm gelangt als Spaziergänger und teuerster Zweitligaspieler aller Zeiten.

Fehler wie dieser haben den einst mit Uefa-Cup-Millionen so reich gesegneten Klub in geradezu rekordverdächtigem Tempo vom Millionär zum Tellerwäscher werden lassen. Und fast schon als kleines Wunder darf gewertet werden, dass Löw und Buchwald in der Winterpause trotz klammer Finanzlage tatsächlich einigermaßen namhafte Verstärkung herbeischaffen konnten für den schwächelnden Kader, auch wenn der Schweizer Patrick de Napoli, der Brasilianer Vragel da Silva und der Schwede Erik Edman nur ausgeliehen sind bis Saisonende.

17 Spiele sind es bis dahin noch, das erste davon am Sonntag gegen TeBe Berlin. Dort ist Winnie Schäfer Trainer, ausgerechnet der Mann also, der den KSC einst nach oben gebracht hat. Das könnte er unfreiwillig wieder tun bei TeBes „schwerstem Spiel der Rückrunde“, so Schäfer. Aber auch drei Punkte wären wenig für den KSC in der derzeitigen Lage. Doch in schweren Zeiten sind es ja die kleinen Dinge, die Hoffnung spenden können. Frank Ketterer