Vertrauen in Gensaat vom Winde verweht

US-Farmer säen deutlich weniger manipulierten Mais aus als erwartet

Berlin (taz) – Die Aussaat von genveränderten Pflanzen wird in diesem Frühling deutlich zurückgehen: Je nach Schätzung werden die Farmer in den USA dieses Jahr ein Sechstel bis ein Viertel weniger davon anbauen als im vergangenen Jahr. Dies ist eine Trendwende: Bisher konnten sich die Agrokonzerne jedes Jahr über prächtige Zuwächse freuen. Der Einbruch in diesem Jahr trifft die auf Wachstum ausgerichtete Branche empfindlich.

Seit 1996 wuchs die Anbaufläche weltweit um das Zwanzigfache. 1999 sprossen gentechnisch veränderte Pflanzen auf knapp 39 Millionen Hektar – eine Fläche mehr als doppelt so groß wie die landwirtschaftliche Nutzfläche Deutschlands. Der Löwenanteil wurde in den USA angebaut, gefolgt von Kanada und Argentinien.

Am Wochenende veröffentlichten mehrere Organisationen ihre Schätzung für den Anbau in der kommenden Saison. Die Umweltforscher vom Worldwatch Institute rechnen nach einer Umfrage unter Farmern mit einem Rückgang des Anbaus von Insekten vergiftendem Mais oder herbizidfester Soja um rund ein Viertel in den USA – und entsprechend weltweit. Damit wäre in diesem Jahr wieder der Stand von 1998 erreicht.

Der Maisbauernverband American Corn Growers Association rechnet mit einem Rückgang von 15 bis 20 Prozent. Der Verband National Corn Growers Association, der eher die Großbauern vertritt, erklärte dagegen, er rechne nicht mit derselben Anbaumenge wie im Vorjahr – ohne auf Umfragen verweisen zu können.

In den USA war vergangenes Jahr jede zweite geerntete Sojabohne genverändert und jedes dritte Maiskorn. In Kanada ist bereits jede zweite Rapspflanze genmanipuliert. Noch vor eineinhalb Jahren malten die Analysten des internationalen Förderverbands für Agrargentechnik ISAAA eine rosige Zukunft: Demnach sollte sich der Umsatz mit Gensaat in diesem Jahr gegenüber 1998 verdoppeln. Bis 2005 prophezeite die ISAAA einen Umsatz von 25 Milliarden Dollar – zwanzigmal höher als noch 1998.

Das war wohl ein bisschen zu euphorisch. Unternehmensberater in Deutschland wie auch Greenpeace rechnen inzwischen damit, dass mindestens für fünf Jahre keine genveränderten Lebensmittel in der EU zu verkaufen sind. Der europäische Import aus den USA an Soja halbierte sich vergangenes Jahr, der Import an Mais sank gar auf ein Fünfzehntel – was Worldwatch zufolge einem Umsatzausfall von einer Milliarde Dollar für die Farmer entspricht.

Und auch in den USA wächst die Skepsis der Verbraucher: Nachdem bereits im Sommer Babynahrungshersteller Gerber auf die Verarbeitung von Genpflanzen verzichtete, wie auch zwei Biokost-Ketten, erklärte Anfang des Monats Frito-Lay, der größte Chipshersteller der USA, keinen genveränderten Mais mehr rösten zu wollen. Der schlichte Grund: „Es gibt Bedenken der Kunden da draußen.“ Matthias Urbach