Die Bedrohung bleibt

■ Die Zurücknahme der pauschalen Vertrauenschutzaufkündigung ist kein Grund, den Widerstand aufzugeben, sagt Renate Heitmann vom Kulturrat im taz-Interview

Kultursenator Bernt Schulte (CDU) hatte in einem Rundschreiben an alle institutionell geförderten Kultureinrichtungen die Rücknahme der pauschalen Aufkündigung des Vertrauenschutzes angekündigt, wie sie der Senat noch am 1. Februar beschlossen hatte (vgl. taz vom 21. Februar). Stattdessen will die Kulturbehörde zunächst bis zum Ende des Jahres ein Kulturentwicklungskonzept auf der Grundlage der finanziellen Möglichkeiten Bremens erarbeiten. Erst dann soll gegebenenfalls gezielt jenen Einrichtungen das Vertrauen entzogen werden, die in dieses Konzept nicht mehr passen. Schulte verspricht sich von diesem Vorgehen eine langfristige Planungssicherheit für die Einrichtungen. Sehen diese das genauso und geben ihre Proteste jetzt auf? Wir sprachen mit Renate Heitmann, Mitglied in der Shakespeare Company und im Kulturrat.

taz: Kultursenator Bernt Schulte (CDU) hat angekündigt, er werde den Vertrauensschutz nicht pauschal kündigen, sondern gegebenenfalls Einzelbescheide am Ende des Jahres verschicken. Kann die Kulturszene nun also die Proteste aufgeben?

Renate Heitmann: Nein, im Gegenteil. Der Brief von Senator Schulte ist alles andere als eine vertrauensbildende Maßnahme. Er transportiert nämlich dieselbe Botschaft wie der Senatsbeschluss vom 1. Februar, macht darum aber erheblich mehr Worte.

Unter Berücksichtigung des Briefes – was ist aus der Sicht des Kulturrats der momentane Stand in der Kulturförderung?

Er ist unverändert so, dass die finanzielle Situation für die Kultureinrichtungen nicht geklärt ist. Das Kürzungsszenario, mit dem die kurz- und mittelfristige Deckungslücke im Kulturetat gestopft werden soll, ist durch Schultes Brief nicht außer Kraft gesetzt. Im Gegenteil findet sich das Szenario darin ausdrücklich bestätigt: Die Behörde kündigt bereits an, dass Einrichtungen spätestens am Ende des Jahres die Zuweisungen gestrichen bekommen werden. Und sie weißt darauf hin, dass der Kulturbereich nicht aus den allgemeinen Sparbemühungen Bremens ausgenommen werden könne und deshalb eine „Anpassung“ an die bremische Finanzlage unausweichlich sei. Anpassung heißt hier aber nichts anderes als die Schließung von Einrichtungen.

Wenn alle sparen müssen, muss laut Schulte auch die Kultur sparen. Das klingt logisch ...

Das ist Unsinn. Die Kultur hat in den vergangenen Jahren bereits überproportional in Form von Ein-sparungen zur Sanierung der bremischen Haushalte beigetragen. Diese Bemühungen sind nun auch noch bestraft worden durch einen zu niedrigen Eckwertbeschluss, den wir durch Selbstbeschneidungen auch noch erträglich gestalten sollen. Wir stehen vor dem Abgrund. Weitere Streichungen sind schlicht nicht mehr zu verkraften, zumal das Defizit im Kulturetat so hoch ist, dass gemäß der Logik der Sparkommissare nur die massenhafte Schließung von Einrichtungen das Loch stopfen könnte. Schultes Brief ist eine reine Demütigung, weil er unsere Bemühungen in der Vergangenheit nicht würdigt, das für unsere Arbeit notwendige Vertrauen nicht ausspricht und nach wie vor nur ein Ziel verfolgt, nämlich die Zerstörung der Bremer Kulturlandschaft vorzubereiten. Da machen wir nicht mit.

Was also fordert der Kulturrat?

Unsere Forderung bleibt unverändert der Erhalt aller Kultureinrichtungen und eine angemessene Ausstattung des Kulturetats.

Fragen: zott