Gedenktafel für Faschisten

Slowakische Stadt will Ex-Staatschef Tiso ehren. Er war mit schuld am Mord an Juden

Prag (taz) – Das Timing ist perfekt. Zu einer Zeit, in der sich fast ganz Europa gegen braune Flecken in seiner Mitte zu wehren versucht, will die westslowakische Stadt Žilina sich die ihren an die Haustür heften. Der Stadtrat entschied am vergangenen Donnerstag mit deutlicher Mehrheit, den slowakischen Ex-Präsidenten Jozef Tiso mit einer Gedenktafel zu würdigen. Das wäre an sich ja nichts Schlimmes, nur dass Tiso das Land in der Zeit von 1939 bis 1945 geführt hat, und das an Strippen, die in Berlin gezogen wurden. Denn die Slowakei war während dieser Zeit ein Marionettenstaat Nazideutschlands, der katholische Priester Jozef Tiso nur ein formell ernanntes Staatsoberhaupt. Er wurde nach dem Krieg 1947 als Kriegsverbrecher hingerichtet.

Mit ihrem schon erwähnten sensiblen Zeitgefühl haben die Ratsherren und -damen von Žilina die Enthüllung der Gedenktafel, die am dortigen Katholischen Haus angebracht werden soll, auf den 61. Jahrestag des Beginns der slowakischen Kollaboration, den 14. März, gelegt.

Die Rechtskurve von Žilina hat nicht nur bei der jüdischen Gemeinde und der slowakischen Koalitionsregierung in Bratislava, sondern auch über den großen Teich hinweg Ärger hervorgerufen. So hat der Menschenrechtsbeauftragte der slowakischen Regierung, Juraj Hrabko, den Generalstaatsanwalt des Landes gebeten, das Vorgehen des Stadtrats von Žilina zu untersuchen. Die Vereinigten Staaten ließen verlauten, dass sie zwar damit übereinstimmten, sich an Tiso zu erinnern, das aber nur wegen seiner „wissentlich begangenen Verbrechen, die zur Verhaftung, Vertreibung und Ermordung unschuldiger Bürger seines eigenen Landes führten“, heißt es in einer Erklärung der US-Botschaft in Bratislava.

Der Stadtrat von Žilina gibt sich derweil uneinsichtig. Oberbürgermeister Jan Slota, nebenher auch noch Vorsitzender der rechten Slowakischen Nationalpartei (SNS), verteidigte den Beschluss vehement: „Niemand kann mir einreden, dass Tiso in der modernen Geschichte der Slowakei nicht zu den größten Söhnen dieser Nation gehört.“

Während der Existenz des slowakischen Marionettenstaates wurden über 60.000 slowakische Juden wissentlich ins Gas geschickt. Slowakische Nationalisten, die die Debatte um die Rehabilitierung Jozef Tisos schon vor Jahren angestachelt haben, behaupten, Tiso habe nichts von deren Schicksal gewusst. Seine persönlichen Dokumente, die sich heute im Vatikan befinden, beweisen aber eindeutig, dass der Priester die Deportationen abgesegnet hatte. Ulrike Braun