Steif in der Brise

Die neue Imagekampagne für Hamburg soll Pfeffer im Sack haben – geht aber bloß auf selbigen  ■ Von Peter Ahrens

Der Pfeffersack ist der ultimative Sympathieträger für Hamburg. Der schnuckelige Kapitalist, der in bewundernswerter Kleinarbeit und väterlicher Aufopferung für seine ihm anvertrauten Untergebenen das Vermögen gemehrt hat, dieses niedliche Schlitzohr, das sich großzügig die Rohstoffe aus Asien und Südamerika kommen lässt und im Gegenzug Geld in die Schweiz bringt – zum Knuddeln. Kann es irgendwen geben, mit dem man sich als HamburgerIn mehr identifizieren könnte? „Hamburg hat Pfeffer im Sack“, das ist seit gestern auf 240 Werbeflächen in Hamburg zu lesen: Eine Imagekampagne für Hamburg, initiiert von Welt und NDR. Total gelungen.

Mit Augenzwinkern und Selbstironie wurden die Motive ausgewählt: Alster und Hafenkneipe – Respekt. Darauf, Hamburg mit Als-ter und Astra zu verbinden, muss man erstmal kommen. Aber das dritte Motiv schlägt alles. Ein Fußballer (Loddar?) steht in der Freistoßmauer und hält sich den, nun ja, Sack. Dazu der Slogan: Hamburg hat Pfeffer im Sack. Chapeau. Da haben die hippen Herren von der Werbeagentur FCB Wilkens sich selbst übertroffen. Haben so richtig brainstormend die Sau raus- und gedanklich die Hosen runtergelassen. Hamburger Männer sind eben echte Männer, und die lachen über so etwas. Die sagen: „Ho, ho“ dazu und setzen ihr vieldeutiges Grinsen auf.

Gebts zu, Werbetexter, das ist euch doch zu vorgerückter Stunde eingefallen, die Jalousinen bereits heruntergelassen, die Krawatten gelockert, in aufgeräumter Stimmung. Da kommt es einem am bes-ten, die Ideen sind gemeint.

Aber warum ausgerechnet ein Fußballer von Bayern München? Soll das andeuten, dass die Bayern durch die Bank Sackgesichter sind? Und warum haben die Werber nicht noch nachgelegt? Ein viertes Motiv aus einem Hamburger Lehrerzimmer vielleicht. Weil bekanntlich alle Lehrer doch faule Säcke sind (hat der Bundeskanzler in all seiner niedersächsischen Weisheit erkannt, muss also stimmen). Sackhüpfer, Sackbahnhöfe, Sackratten, Lachsäcke, Sakkoträger – kann man alles sacken lassen, ist doch alles vorhanden in dieser Stadt. Grenzenlose Möglichkeiten.

Man muss denn auch gar nicht beim Sack bleiben, sondern kann auch auf verwandte Themenfelder ausweichen. Wie wärs mit einem Plakat mit einer Hamburger Hühnerfarm in den Vier- und Marschlanden – Hamburg hat Eier im Glas. Oder eine Banane im Backofen der Küche vom Atlantic – Hamburg hat einen Braten in der Röhre. Der Fischmarkt bei Sturmflut – Hamburg hat einen Steifen in der Brise. In der Fantasie des Mannes gibt es keine Barrieren. Das ist Werbung, das braucht Hamburg. Diese Stadt verdient ein neues Image. Die kreativen Leute von FCB Wilkens machens richtig: Sie haben mit einem Spruch die Brücke von der Handelskammer zur Reeperbahn geschlagen.

„Lebhaft und kontrovers soll das diskutiert werden“, hofft Texter Mario Anspach. Eine prominente Jury um Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) hat die Kampagne ausgewählt. Provokant soll sie sein. Vielleicht ist sie aber auch einfach nur schlecht, und vielleicht geht sie einem auch nur auf den Sack. Wer weiß es. Hamburg hat Stroh im Hirn.