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Das Kreuz der Generation I

 Ich lüfte mein Wahlgeheimnis und bekenne: Ich war immer ein Linker. Mehr oder weniger. Das ist wohl eine Generationsfrage. An der Uni hab ich noch das große I gelernt. Entsprechend dem Kreuz, das ich beim letzten Mal in der Kabine gemacht habe, werde ich von einem faltigen Außenminister repräsentiert, der schon einmal beim New-York-Marathon mitgemacht hat; auch der arrogante Atomminister und die gekränkte Krankenschwester gehen auf mein Konto. Das kann die Leserinnen dieser Zeitung nicht überraschen. Rot-Grün war also auch mein Projekt.

 Wäre jedoch Wolfgang Schäuble Kanzlerkandidat gewesen, hätte ich ihm mein Kreuz gegeben. Nicht wegen seiner Politik, wegen seines Rollstuhls. Nach Pickelhaube und Übermensch nun ein Krüppel an Deutschlands Spitze: Das hätte mir gefallen, bei Staatsbesuchen und EU-Gipfeltreffen. Dass es stattdessen der zwergenhafte Armani-Anzug-Träger mit der Lewinsky-Zigarre geworden ist, finde ich bedauerlich. So ein Typ wie Volker Rühe ist das doch, nur in der anderen Partei.

 Sollte beim nächsten Mal aber eine Frau zur Wahl stehen, eine aus dem Osten gar, dann ist mir die Sitzordnung im Parlament ganz piepegal: Eine so mehr schlecht als rechte Politik kann Frau Merkel gar nicht machen, dass der gesellschaftliche Fortschritt nicht doch auf ihrer Seite wäre. Da müssen auch wir Linken die Rechten wählen (und die Rechten sowieso), und das ist dann die absolute Mehrheit (wenn auch knapp). Dann macht ihr der schwule Generalsekretär ein Koalitionsangebot, und die Machos auf der linken Seite sehen plötzlich ganz alt aus. So kann’s kommen. Oder Rühe gewinnt den Streit um den CDU-Vorsitz. Dann treten die Brüder Rühe und Schröder gegeneinander an. Der aus Hannover und der aus Hamburg. Einer wird gewinnen. Ich bin’s nicht. Hans Duschke