Die Druckräume stehen unter Druck

■ Rot-Grün wollte die Fixerstuben endlich legalisieren, scheiterte aber im Bundesrat. Heute wird nun im Vermittlungsausschuss nach einer Lösung gesucht, sonst beschließt die Bundesregierung im Alleingang ein Gesetz

Berlin (taz) – Müssen die Fixerstuben in Hamburg, Frankfurt/Main, Hannover und Saarbrücken bald dichtmachen? Oder wird es ein Gesetz geben, das den Mitarbeitern dort endlich Rechtssicherheit gibt? Die Entscheidung fällt heute im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag.

Im Februar hatte der Bundesrat das Gesetz zur Zulässigkeit von Drogenkonsumräumen abgelehnt. Die hessische Regierung war abgesprungen, obwohl sie noch kurz zuvor Zustimmung signalisiert haben soll. Angesichts des Finanzskandals sei der CDU wohl der Mut zu Reformvorhaben abhanden gekommen, glaubt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Christa Nickels.

Die Frankfurter CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth versucht ihre Parteifreunde seit Jahren von der Notwendigkeit eines Gesetzes zu überzeugen. Schließlich gibt es in der hessischen Metropole Frankfurt vier „Gesundheitsräume“. Petra Roth ist zu der Einsicht gelangt: Konsumräume „haben nicht nur zu einer Verbesserung des gesundheitlichen und sozialen Lebens von langjährig Abhängigen geführt“, sondern auch „die sicherheitspolitische Situation in Frankfurt“ verbessert.

Der bayerische Justizminister Manfred Weiß kann diese Argumente gar nicht nachvollziehen. Er bleibt dabei: Die Einrichtung von Fixerstuben sei ein „drogenpolitischer Irrweg“, weil Abhängige „in der Fortsetzung ihres Suchtverhaltens bestärkt“ würden. Auch den sozialdemokratischen Regierungschefs Henning Scherf aus Bremen und Manfred Stolpe aus Brandenburg war es sehr recht, der Legalisierung von Fixerstuben nicht zustimmen zu müssen. Sie beriefen sich auf den Koalitionspartner CDU.

Wenn Nickels diese beiden Länder nicht doch noch ins Boot bekommt, will sie ein Gesetz ausarbeiten, dem der Bundesrat nicht zustimmen muss. Es soll festschreiben, dass „das Personal, das in anerkannten Drogenkonsumräumen arbeitet, nicht strafrechtlich verfolgt wird“.

Ohne eine schnelle gesetzliche Neuregelung sind die 13 Fixerstuben in ihrer Existenz bedroht. Zurzeit stehen die Mitarbeiter dort mit einem Bein im Gefängnis. Es kann ihen jederzeit vorgeworfen werden, dass sie „eine Gelegenheit zum Drogenkonsum anbieten“. Und genau das ist im geltenden Betäubungsmittelgesetz verboten.

In Hamburg läuft zur Zeit ein Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter einer Fixerstube. Es wurde in Erwartung einer gesetzlichen Neuregelung auf Eis gelegt. Sollte das rot-grüne Gesetzesvorhaben aber scheitern, käme das Verfahren wieder ins Rollen.

Die zehn Mindeststandards, die der im Februar abgelehnte Entwurf für die Fixerräume vorsah, werden in einem zustimmungsfreien Gesetz nicht mehr enthalten sein. Denn sie verursachen Kosten und führen deshalb dazu, dass der Bundesrat das Gesetz absegnen muss. Nickels hält die Mindeststandards aber für unverzichtbar. Sie wolle keine reinen Druckräume, wo sich Junkies nur einen Schuss setzen und dann wieder ihrer Wege gehen. Medizinische Hilfe und die Einbettung in das Drogenhilfesystem sind nach Auffassung der Grünen zentrale Bestandteile des Konzepts.

Die seit 1994 vorhandenen Fixerstuben haben sich nach Ansicht der rot-grünen Bundesregierung, die dies auch im Koalitionsvertrag festschrieb, bewährt. Denn nur dort können sich verelendete Junkies unter hygienischen Bedingungen einen Schuss setzen.

Nicht nur die Zukunft der Fixerräume ist gefährdet. Schon im Dezember musste Nickels eine Schlappe einstecken. Mit den Stimmen der CDU und eines „Republikaners“ lehnte der Stadtrat von Düsseldorf die geplante Beteiligung am Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung ab. Nun sind es nur noch sieben Städte, die sich an dem dreijährigen Modellversuch beteiligen werden: Hamburg, Hannover, Fankfurt am Main, Köln, Karlsruhe, München und Essen. Etwa 700 Langzeitabhängige sollen im Rahmen ihrer Behandlung Heroin nach Schweizer Vorbild bekommen. Dort ist das Modell bei Junkies, die für andere Therapien nicht mehr ansprechbar sind, sehr erfolgreich.Tina Stadlmayer