Wenn die Toten im Nachtclub erwachen

■ Ein Tagtraum am Ende eines (zu) langen Lebens: Arthur Millers erstaunliches neues Stück Mr. Peters' Connections als europäische Erstaufführung in den Kammerspielen

„Ich bin älter geworden als alle meine Bekannten. Alle meine Hunde sind tot. Ein halbes Dutzend Katzen, Wellensittiche... alle mausetot. Alle Piloten, mit denen ich geflogen bin. Wahrscheinlich auch alle Frauen, mit denen ich je geschlafen habe, meine Frau ausgenommen.“ Mr. Peters sitzt in einem ehemaligen Nachtclub, der zum Verkauf steht. Er spricht mit einem Mann, der entweder der Makler ist oder sein Bruder. Er wartet auf seine Frau Charlotte, deren Namen er später vergessen wird. Allein: „Es ist nicht Alzheimer, ich habe mich untersuchen lassen. Vielleicht bedeutet es einfach, dass man nicht mehr da sein will.“ Weitere Personen erscheinen auf auf der Bildfläche: eine schwarze Obdachlose, die schwangere Rose, die eventuell seine Tochter ist, ihr Freund sowie Cathy-May, die einmal seine Frau war, und ihr Mann. Es sind Traumfiguren, einige lebendig, andere tot oder frei fantasiert, die Mr. Peters umschwirren. Und immerzu fragt sich dieser kluge, sterbensmüde, von der Gegenwart längst mehrmals überrundete Mann, was eigentlich das Thema ist.

Mr. Peters' Connections handelt von der Sehnsucht, „in liebevolle Vergessenheit zu geraten“. Es ist das jüngste Stück von Arthur Miller, 84, dem großen alten amerikanschen Dramatiker und Drehbuchautor, der laut Proust-Fragebogen die meiste Angst davor hat, sein Gedächtnis zu verlieren. Wie in allen Stücken Millers liegen die autobiografischen Bezüge auf der Hand, ohne aufdringlich zu wirken. Natürlich ist die Schönheit im durchsichtigen Kleid, die keine Unterwäsche trägt, eine Wiedergängerin von Marilyn Monroe, mit der er zwischen 1956 und 1961 verheiratet war, und natürlich lässt die vitale Charlotte sogleich an Inge Morath denken, seit 1962 seine Ehefrau. Erstaunlich ist dagegen der surreal-absurde Charakter des Stücks, dessen tieftrauriger Humor stellenweise an Beckett erinnert.

Im Mai 1998 wurde Mr. Peters' Connections im New Yorker Signature Theatre urauffgeführt – mit Peter Falk in der Hauptrolle. (Die Besetzung lag derart nahe, dass sogar gemutmaßt wurde, Miller hätte das Stück für „Inspektor Columbo“ geschrieben.) Zur europäischen Erstaufführung in den Hamburger Kammerspielen wird nun Uwe Friedrichsen in den Gedankenstrom des Mr. Peters eintauchen, Horst Königstein inszeniert. Nur zur Erinnerung: Arthur Millers Scherben anno 1996 in der Regie von Elke Lang selig gehört sicher zu den drei besten Inszenierung in den Kammerspielen unter der Leitung von Ulrich Waller und Ulrich Tukur, die im Sommer 2001 das Haus verlassen werden. poe

Premiere: Mi, 1. März, 20 Uhr, Kammerspiele, Hartungstr. 9-11