Qualen durch Strahlen

■ Flugzeugentführer vor Gericht: Organisation traktiert uns alle

„Ich grüße alle Anwesenden. Ich werde seit 1987 von einer internationalen feindlichen Organisation per Satelliten gequält, die mein Gehirn steuern“ übersetzt der Dolmetscher des Angeklagten O. aus dem Arabischen. Seit gestern muss sich der 31-jährige, der „Palästinenser, Syrer, Iraker und Amerikaner“, nur kein Ägypter sein will, für Geiselnahme und Angriff auf den Luftverkehr vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Am 19. Oktober 1999 hatte er kurz nach dem Start in Istanbul das Cockpit eines „Egypt Air“-Flugzeuges gestürmt, mit dem die türkischen Behörden ihn nach Ägypten abgeschieben wollten. Er zwang den Piloten, nach London zu fliegen. Wegen Treibstoffmangels landete die Boeing in Hamburg, wo O. von einem Mobilen Einsatzkommando verhaftet wurde. Die 45 Passagiere blieben unverletzt, einen Bordingenieur verwundete O. mit einem Kugelschreiber leicht.

In Deutschland war O. bereits zwei Wochen vorher, hatte jedoch kein Asyl erhalten. Sein Motiv überzeugte offenbar nicht: Er stehe unter dem Einfluss einer illegalen Organisation – Intersat genannt – die ihn mit Laser- und Satellitenstrahlen quäle und auch alle anderen Menschen beeinflusse.

Bei der Entführung war die Organisation hingegen hilfreich: „Sie hat mir die Cockpit-Tür geöffnet“ schildert O. Ihren Sitz habe „Intersat“ zwar in Boston, ihren negativsten Einfluss jedoch in der „arabischen Welt“. In die will er nie zurück: „Lieber sitze ich jahrelang in Deutschland im Gefängnis“.

Der psychiatrische Sachverständige attestiert O. eine „erhebliche, allerdings nicht wahnhafte, Persönlichkeitsstörung“, weshalb er als eingeschränkt schuldfähig zu betrachten sei. Seit 1987, nach dem Tod seines Vaters, habe O. seine Fantasievorstellungen entwickelt: „ein Gemisch aus Fernsehfilmen, religiösen und kulturellen Ideen“. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Silke Langhoff