Blauäugige Blauhelme

UN-Sicherheitsrat steht vor Entsendung einer zahnlosen Truppe in den Kongo

Berlin (taz) – Die UNO bereitet sich auf die Entsendung einer 5.537 Mann starken Blauhelmmission in die Demokratische Republik Kongo vor. Die entsprechende Resolution soll nach UN-Angaben spätestens heute im Sicherheitsrat verabschiedet werden. Es wäre der erste konkrete internationale Schritt zur Umsetzung des Lusaka-Friedensabkommens für den Kongo vom Juli 1999. Damals hatten sich die kongolesische Regierung von Präsident Laurent Kabila und die Rebellengruppen des Landes zu einem Dialog verpflichtet, begleitet von einem Abzug der auf beiden Seiten kämpfenden ausländischen Truppen – aus Simbabwe, Angola und Namibia auf Kabilas Seite, aus Ruanda und Uganda bei den Rebellen. Nichts davon ist umgesetzt worden. Stattdessen sind die Kämpfe neu aufgeflammt, und im Rebellengebiet greift ein von Kabila unterstützter ziviler Ungehorsam um sich. Die UNO hat bisher nur 79 Militärbeobachter im Kongo stationiert, die dieser Entwicklung machtlos gegenüberstehen.

Die neue Kongo-Mission soll nach Vorstellung von UN-Generalsekretär Kofi Annan ebenfalls eine rein beobachtende Aufgabe haben. 3.400 Bodentruppen und 300 Marinesoldaten sollen 500 Militärbeobachter beschützen, dazu kommt logistisches und anderes Personal. Angesichts der maroden Infrastruktur des Kongo soll sich die Truppe hauptsächlich in der Luft bewegen, was ihre Wahrnehmungsfähigkeit für das teils extrem grausame Kriegsgeschehen außerhalb der Städte erheblich einschränken dürfte.

Die Aufgabe der Truppe ist in Annans Vorlage extrem eng definiert. Sie umfasst weder die Überwachung eines ausländischen Truppenabzugs noch die Entwaffnung irregulärer Milizen – beides Eckpunkte des Lusaka-Abkommens. Die Blauhelme sollen nicht in Kampfhandlungen eingreifen und UN-Beobachter nicht gewaltsam aus gefährlichen Situationen retten. Sie haben „nicht die Kapazität, die Zivilbevölkerung vor bewaffneten Angriffen zu schützen“, und können humanitäre Hilfskonvois nur „unter günstigen Sicherheitsbedingungen“ bewachen. Vorbedingung der gesamten Operation ist außerdem, dass die Kriegsparteien den Waffenstillstand einhalten – was sie nicht tun.

Bei den Debatten der letzten Tage im Sicherheitsrat gab es zwar Versuche, die Truppe robuster zu gestalten. Zu dem entsprechenden personellen und finanziellen Mehraufwand besteht aber keine Bereitschaft. Stattdessen drängen die USA darauf, dass die Truppe nur dann entsandt wird, wenn die Kriegsparteien „glaubwürdige“ Zusicherungen zu ihrer Sicherheit abgeben. So liegt das Schicksal der UN-Mission in den Händen der Kriegsparteien – was nach bisherigen UN-Erfahrungen, zum Beispiel in Bosnien, ein sicherer Weg zum Scheitern ist. Was auch immer der Sicherheitsrat genau beschließt: Die Notlage der kongolesischen Bevölkerung wird damit nicht verändert.Dominic Johnson