Wechselstrom, Telefon und E-Mails aus der Steckdose

Ab 2001 wollen Energiekonzerne Telefon und Internet über das Stromnetz anbieten

Telefonieren, surfen im Internet, Haushaltsgeräte fernsteuern – all dies soll ab Anfang 2001 schon über die normale Steckdose möglich sein. Pünktlich zum Beginn der Cebit kündigen die Stromkonzerne RWE, PreussenElektra und das baden-württembergische Energieunternehmen EnBW eine „Revolution auf dem Telekommunikationsmarkt“ an. In Kanada und Großbritannien wird die Technik jedoch schon seit drei Jahren getestet.

Die Idee hinter der so genannten Powerline-Kommunikation klingt simpel: Jeder Haushalt ist ans Stromnetz angeschlossen, seine Kabel sind noch feiner verzweigt als die der Telefongesellschaften – darin wittern die Energielieferanten die Chance, auf dem boomenden Markt der Telekommunikation und des Internets mitzumischen. Problematisch war bisher nur die technische Machbarkeit, Daten und Gespräche über die Stromleitungen zu transportieren, ohne Frequenzstörungen zu verursachen. Doch dies scheinen gleich mehrere Firmen gelöst zu haben – in Halle 17 der Cebit geht es diesmal nur um Powerline.

Als erstes deutsches Unternehmen hatte die RWE AG schon vor einem Jahr zusammen mit dem Schweizer Unternehmen Ascom verkündet, ein digitales Gerät entwickelt zu haben, das Daten störungsfrei über Stromkabel in die Haushalte liefern kann. Nach gelungenen Pilotversuchen stellt das Essener Unternehmen auf der diesjährigen Cebit einen Modem-Prototypen vor, der dem Kunden einen ständigen und schnellen Zugang zu Internet und Telefonnetz bietet und sogar Haushaltsgeräte fernsteuern kann. Kosten des Geräts, das Daten zehn Mal schneller als eine ISDN-Leitung transportieren soll: etwa 1.000 Mark.

Auch die Viag-Tochter PreussenElektra will noch in diesem Jahr mit ihrer „Oneline-Box“ auf den Markt, die als Steuerungszentrale für Telefone, Internet, Energie und Heimvernetzung dient. Nach einjährigem Pilotversuch in Sachsen-Anhalt glaubt PreussenElektra, ab Anfang des Jahres 2001 flächendeckend über ihre Stromkabel Telefongespräche und Internet zu einem günstigen Pauschalpreis – einer so genannten flat-rate – anbieten zu können. Über den genauen Preis für die Kunden will sich allerdings noch kein Unternehmen äußern.

Mit der Powerline-Technologie stoßen die Energiekonzerne in mehrere Märkte vor. Zum einen treten sie in Konkurrenz mit der Deutschen Telekom, da sie per Stromkabel die so genannte letzte Meile der Leitungen in die Haushalte überspringen und günstige Ortsgespräche anbieten können. Zum anderen hoffen die Powerline-Anbieter, mit ihrer Technologie den Traum vom „vernetzten Haus“ zu verwirklichen. Vor allem aber zählen sie auf den Einstieg in den florierenden Internetmarkt und den E-Commerce. So plant PreussenElektra nach Aussage seines Vorstandsvorsitzenden Hans-Dieter Harig auch ein eigenes Internetportal für den elektronischen Einkauf.

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation ist der Powerline-Technolgie gegenüber „sehr aufgeschlossen“, sagt ihr Pressesprecher Harald Dörr. Seine Behörde arbeite mit den Entwicklern „eng zusammen“. Die Telekom sieht sich durch Powerline nicht bedroht. Pressesprecher Walter Gerz: „Das wird seit Jahren überschätzt. Unsere Leitungen liegen schon alle, und unsere Angebotspalette ist viel breiter.“

Die Börse reagierte positiver als die Konkurrenz von der Telekom: Meldungen über die Powerline-Innovationen ließen gestern prompt die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen in die Höhe steigen. Katja Trippel