Arbeitsamt schafft sich selber Arbeit

Die Nürnberger Behörde will der Künstlergruppe „claravista“ die Verwendung ihres Logos verbieten – obwohl es auf dem Kopf steht und eine Satire ist. Künstler verweisen auf künstlerische Freiheit ■ Von Barbara Bollwahn de Paez Casanova

Die Bundesanstalt für Arbeit steht Kopf. Genauer gesagt ihr Logo, das rote A. Dieses ziert fünf Dias, die in den vergangenen Wochen an eine Hauswand an der Oranien- Ecke Manteuffelstraße projiziert wurden. Ob die Blondine in einer Bar „Gisela aus Friedrichshain fertig für ein Stellmichein“, die Tänzerin, die fragt: „Muss ich mich so verbiegen, um einen Job zu kriegen“, oder der Mann mit Trompete, der sagt „Ich suche eine ruhige Stelle“ – Arbeitslosigkeit ist eine ernste Angelegenheit, über die trotzdem gelacht werden darf. Das meint die Künstlergruppe „claravista“, die seit November vergangenen Jahres auf einer 40 Quadratmeter großen Projektionsfläche mit täglich wechselnden Dias auf aktuelle Themen aufmerksam machen will (taz vom 11. 2. 2000).

Mittlerweile ist das Projekt auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Davon zeugt ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg. Die hat die Künstlergruppe aufgefordert, das patentrechtlich geschützte Logo nicht mehr zu verwenden. Begründung: Es werde der Eindruck erweckt, es handle sich um eine Werbung des Arbeitsamtes. Die Künstler sollen bis zum 3. März eine schriftliche Unterlassungserklärung abgeben.

Zwar griffen Tobias Buddensieg, Marcel Naranjo und Jürgen Schiedek zu Stift und Papier. Doch statt der gewünschten Erklärung erklärten sie ihr Projekt. „Es handelt sich um eine künstlerische und satirische Meinungsäußerung“, schrieben sie. Weiter heißt es, dass „eine gesellschaftlich so zentral stehende Institution wie das Arbeitsamt es hinnehmen muss, dass sich die Öffentlichkeit kritisch mit ihr auseinander setzt“. Dabei sei es legitim, „das Kind deutlich beim Namen zu nennen“. Deshalb sei die Verwendung des umgekehrt dargestellten Logos ein wichtiger Bestandteil des künstlerischen Ausdrucks. „Satire hat im Grundsatz mit Humor zu tun, und der sollte nicht in einem Paragrafendickicht erstickt werden“, appellieren sie an die Behörde.

Werner Heinkelein von der Pressestelle in Nürnberg, Verfasser des Schreibens an „claravista“, zeigte sich gestern wenig auskunftsfreudig. Begründung: „Ich muss heute den Besucherdienst für Jagoda machen und mich um ernsthafte Themen kümmern.“ Aha! Also hat der Mann doch Verständnis für Satire? Pustekuchen. „Es ist unangenehm für Bürger, die das für bare Münze nehmen“, stellte Heinkelein klar. Einmal in Fahrt gekommen, verwies er auf Vorfälle in der Vergangenheit, bei denen das Logo „unter der Gürtellinie“ verwendet worden sei: auf T-Shirts mit Sprüchen wie „Arbeitslos und trotzdem glücklich“ oder „Arbeitslose ficken besser“. Den Berliner Künstlern wolle er zwar „nichts Böses unterstellen“, doch der Betrachter assoziiere die Dias mit dem Arbeitsamt. Zum weiteren Vorgehen wollte er sich nicht äußern.

Der Medienexperte Christian Schertz sagte gegenüber der taz, das jeder, der ein Logo für sich benutzt, das Recht habe, anderen die Verwendung zu verbieten – für wirtschaftliche Zwecke. Doch „im Rahmen der künstlerischen Auseinandersetzung mit Verhältnissen“ sei die Markennutzung „oftmals zulässig“. Im Zweifelsfall entscheide die deutsche Rechtsprechung für die Kunstfreiheit, die sich kritisch mit Logos auseinander setze.