Islamisten stärken Bögers Glauben

■ Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Islam-Unterricht will SPD-Schulsenator den freiwilligen Religionsunterricht in ein Wahlpflichtfach umwandeln – und damit die Islamische Föderation in Schach halten

Das Urteil zum Islam-Unterricht an öffentlichen Schulen Berlins hat die Diskussion über den Status des Religionsunterrichts in der Hauptstadt wieder angeheizt. Schulsenator Klaus Böger (SPD), der schon seit längerem mit einer Rechtsformänderung liebäugelt, forderte gestern, dass der derzeit freiwillige Religionsunterricht künftig zum Wahlpflichtfach werden solle. Ein Wahlpflichtfach würde der Schulverwaltung eine größere Kontrolle über Auswahl der Lehrer und Inhalte des Unterrichts einbringen. „Das jetzige Gesetz ist nicht mehr zeitgemäß“, sagte Böger. Es könne nicht angehen, dass durch die derzeitige Regelung „religiösen Kleingruppen“ erlaubt werde, Religionsunterricht durchzuführen, so seine Sprecherin Rita Hermanns.

Norbert Kunz vom Humanistischen Verband betonte gestern, dass es keines Wahlpflichtfaches bedürfe, um mit der Islamischen Föderation umzugehen. Die Schulverwaltung habe genügend Mittel in der Hand, um gegen undemokratisches Verhalten in der Schule vorzugehen. Die Politik sei jetzt gefordert, die konkreten Vorwürfe gegen die Islamische Föderation zu benennen.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Mittwoch der umstrittenen Islamischen Föderation bescheinigt, eine Religionsgemeinschaft zu sein. Deshalb darf die Föderation jetzt an den Schulen Islam-Unterricht anbieten.

Auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) forderte gestern eine schnelle Einführung von Religion als Wahlpflichtfach. Damit sprach Diepgen für die Mehrheit in der CDU, bei den Sozialdemokraten gehen die Meinungen auseinander.

Der liberale Türkische Bund kritisierte gestern die Schulverwaltung. Diese habe sich jahrelang nicht um ein Konzept für die religiösen Belange muslimischer Schüler gekümmert und nicht nach Alternativen gesucht. Deshalb sei nun die Islamische Föderation überhaupt zugelassen worden.

Die personellen Verflechtungen der Islamischen Föderation zur islamistischen Milli Görus sind in der Vergangenheit von der Schulverwaltung nicht aufgegriffen worden. In den Gerichtsverhandlungen spielten diese Aspekt keine Rolle, obwohl das Oberverwaltungsgericht darum ausdrücklich gebeten hatte. „Wir dürfen nicht die Arbeit des Verfassungschutz tun“, rechtfertigte sich Sprecherin Hermanns. „Selbst wenn wir nachweisen könnten, dass die Islamische Föderation nicht in Ordnung ist, können wir nichts tun.“ Paragraf 23 des Schulgesetzes sage aus, dass jede Religionsgemeinschaft Religionsunterricht ausüben dürfe. Julia Naumann