Wer bin i, wo bin i, wohs bin i?

■ Am Donnerstag haben die Gesellschafter des Waldau-Theaters über das Kaufangebot der Bremer Investitionsgesellschaft beraten – aber was haben sie genau beschlossen? Kommt darauf an, wen man fragt...

Glaubt man der Hansawelle, haben die beiden Gesellschafter der finanziell angeschlagenen Waldau-Theater GmbH am Donnerstag beschlossen, das Kaufangebot der stadteigenen Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) zu akzeptieren und die Theater-Spielstätte für 1,9 Millionen Mark zu verkaufen. Glaubt man hingegen Axel Schroeder – seit Dienstag neuer Geschäftsführer des Theaters und damit alleiniger Nachfolger des abberufenen Geschäftsführer-Duos Michael Derda/Helmut Zorn – dann haben die Gesellschafter genau das nicht beschlossen. Über den BIG-Vertrag sei gar nicht entschieden worden. „Die Geschäftsführung ist seitens der Gesellschafter zunächst nur ganz allgemein autorisiert worden, die Spielstätte verkaufen zu dürfen“, erklärte Schroeder gegenüber der taz. Ulrich Nölle hingegen, seines Zeichens Aufsichtsratsvorsitzender der Waldau GmbH, kann mit einer dritten Version der donnerstäglichen Ereignisse aufwarten. „Im Grundsatz haben die Gesellschafter dem Vertrag der BIG und damit der Kaufsumme von 1,9 Millionen Mark zugestimmt“, erklärte Nölle auf taz-Anfrage. Allerdings seien Nachverhandlungen mit der BIG nötig. Denn der Erlös des Spielstättenverkaufs dürfe nicht nur die Schulden des Theaters tilgen, sondern müsse dem Haus zusätzlich einen finanziellen Puffer verschaffen, der einen stressfreien Spielbetrieb für die kommenden ein bis zwei Jahre erlaube. Laut Nölle wären dafür etwa 400.000 Mark nötig.

Noch eine Version gefällig? Man muss nur BIG-Sprecher Thomas Diehl fragen: „Für uns ist das Verhandlungsergebnis vom 31. Januar nach wie vor abschließend“. Damals hatten sich die Ressorts Wirtschaft und Kultur mit der damaligen Waldau-Geschäftsführung, Ulrich Nölle, der BIG und der als Spielstättenbetreiberin ausgeguckten stadteigenen Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft auf das 1,9 Millionen-Mark-Paket geeinigt. Immerhin: Diehl nimmt seit gestern „zur Kenntnis, dass Teile der damaligen Handelspartner offenbar diese Vereinbarung wieder in Frage stellen“.

So verworren wie die Interpretation des Gesellschafterbeschlusses ist auch der Kampf, der im Hintergrund um das Waldau-Theater tobt. Hauptstreitpunkt: Die tatsächliche Höhe der Waldau-Schulden. Ein nie zurückgezahltes 950.000-Mark-Darlehen, das das Kulturressort einem der beiden Waldau-Gesellschafter 1992 gewährte, rechnet die Waldau GmbH nicht zu ihren Verbindlichkeiten. Juristisch ist das wohl korrekt, weil die GmbH für die Schuld des Gesellschafters nicht geradestehen muss. Zweiter Zankapfel: 721.000 Mark, die beim Umbau der Spielstätte als Probebühne für die Deutsche Kammerphilharmonie aufgelaufen sind. Aus Waldau-Sicht gab es noch Ende des letzten Jahres seitens des Wirtschaftressorts das klare Signal, dass diese Mehrkosten akzeptiert und vom Ressort übernommen werden. Ein entsprechender Bescheid aber fehlt, so dass der Bauherr – sprich die Waldau GmbH – auf dieser Summe hängen geblieben ist.

Wie auch immer diese Debatte ausgeht, fest steht, dass die Stimmung im Senat fürs Theater immer schlechter wird. Hinter vorgehaltener Hand wird bereits offen über ein Scheitern der Theatersanierung spekuliert, sollte sich das Theater nicht mit dem BIG-Angebot arrangieren. Eventuellen Nachverhandlungen werden keine Chancen eingeräumt.

Derweil – zumindest das ist unstrittig – soll das Theater laut Gesellschafterbeschluss eine neue Struktur erhalten. Die beiden bisherigen Gesellschafter „Trägerverein“ und „Freundeskreis“ sollen zu einem Verein zusammengefasst werden. Zudem wird Intendant Michael Derda ein neuer Vertrag angeboten werden, der laut Nölle eine Verkürzung der Laufzeit von sieben auf fünf Jahre bei gleichbleibenden Bezügen vorsieht.

Franco Zotta