Grüner Familienkrach diesmal schon vor dem Parteitag

Trittin hält die Anregung, den Parteitag zu verschieben, für eine „Deppendiskussion“

Berlin (taz) – „Nicht die Grünen in NRW haben sich für eine Verschiebung des Parteitags ausgesprochen, sondern Herr Priggen.“ Roland Appel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Düsseldorfer Landtag, ist erbost. Der Vorschlag des Landesvorstandssprechers Reiner Priggen, auf den Karlsruher Parteitag Mitte März wegen fehlender Ergebnisse beim Atomausstieg zu verzichten, hatte für Wirbel in der Bundespartei gesorgt. Gestern bemühten sich Grüne in NRW wie in Berlin, die Idee als gedanklichen Ausrutscher zu präsentieren. „Verschieben nützt nichts“, sagte Appel der taz. Bundesumweltminister Jürgen Trittin sprach von einer „Deppendiskussion“. Die bayerische Landesvorsitzende Margarete Bause hatte zuvor erklärt: „Ich halte das für einen Schmarrn.“ Mit einer Verschiebung würden die Grünen den Druck auf die Atomindustrie mindern. Kerstin Müller, die Fraktionsvorsitzende im Bundestag ist und aus dem Landesverband NRW kommt, warnte: „Wir müssen und dürfen den Betreibern nicht das Signal geben, dass wir sogar bereit sind, den Parteitag zu verschieben und sie ruhig weiter auf Verschleppung und Verzögerung setzen können.“

Trittin sagte am Freitag im Fernsehsender Phoenix, es sei „von strategisch äußerster Dummheit“ gewesen, die Unsicherheit um die Modalitäten des Ausstiegs aus der Atomenergie zum Anlass für diese Diskussion zu nehmen. Für Freitagnachmittag ist eine Staatssekretärsrunde zum Atomkonsens angesetzt. „Danach weiß man mehr“, sagte Trittin. Das Ergebnis der Ausstiegspolitik müsse auf jeden Fall einem Parteitag vorgelegt werden.

Mehrere Grüne um die Bundestagsabgeordnete Claudia Roth haben unterdessen in einem Papier ihr Plädoyer gegen eine Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat begründet. Ihre Kritik: „Unausgesprochen wollen manche die Effizienzprobleme (in der Partei) durch eine personelle Verquickung der staatlich finanzierten Fraktionsapparate mit dem Parteiapparat lösen – nach dem Vorbild der anderen großen Parteien.“ Deren Praxis, „ihre Parteivorsitzenden und Vorstände de facto nicht selbst angemessen zu bezahlen, sondern über die Diäten mitzufinanzieren, verstößt eindeutig gegen den Geist des Abgeordnetengesetzes.“ Vor dem Hintergrund der jüngsten Affären beginne jetzt in den anderen Parteien endlich eine Debatte über dieses Problem.

Einen entsprechenden Änderungsantrag zum Leitantrag des Bundesvorstandes haben unter anderem die Bundestagsabgeordneten Annelie Buntenbach, Christian Simmert und Christian Ströbele unterzeichnet. Patrik Schwarz