Jospin am Kopf getroffen

Nach Kritik an der schiitischen Hisbollah wird Frankreichs Premier im Westjordanland von wütenden Studenten mit Steinen beworfen

Jerusalem (taz) – Für drei Tage bleibt das Tor zur Bir-Zeit-Universität im Westjordanland geschlossen, nachdem am Wochenende Studenten der Lehranstalt den französischen Premierminister Lionel Jospin mit Steinen in Empfang genommen und leicht am Kopf verletzt hatten. Die aufgebrachten Demonstranten waren auch auf das Auto Jospins gesprungen und hatten auf den Wagen eingetreten.

Der ungewöhnliche Vorfall versetzte vor allem Palästinenserpräsident Jassir Arafat in eine peinliche Situation vor seinem Staatsgast aus Paris. Daran mochten auch die herzlichen Entschuldigungen und Freundschaftsbeteuerungen nichts mehr ändern. 15 Studenten wurden verhaftet. Arafat ordnete zudem eine Untersuchung über die Hintergründe des Zwischenfalls an. Die jungen Palästinenser protestierten gegen die am Donnerstag in Jerusalem geäußerte Kritik des französischen Premiers gegen die schiitische Hisbollah, deren Aktionen im Südlibanon Jospin als „Terror“ bezeichnet hatte. Während die palästinensische Führung Hamas-Aktivisten für die Gewalt verantwortlich macht, wissen Augenzeugen zu berichten, dass der Protest von linken Palästinensern initiiert wurde.

Universitätsdirektor Channa Nasser machte unterdessen „fremden Einfluss“ für den Zwischenfall verantwortlich. Er betonte vor Journalisten, dass sich die Universität in der so genannten B-Zone befinde, wo Israel für die Ordnung und Sicherheit zuständig ist. „Fremde Provokateure“ hätten die guten Beziehungen zwischen Frankreich und der Bir-Zeit-Universität verletzen wollen.

Jospin hatte das mit französischen Geldern eingerichtete Institut für „Recht und Menschenrechte“ an der Universität besuchen wollen. Zuvor traf er zu einem Gespräch mit Studenten und Dozenten zusammen, die den Premierminister hinsichtlich seiner Äußerungen über die Hisbollah zur Rede stellten. Jospin betonte daraufhin, dass Frankreich die Unabhängigkeit des Libanons und den israelischen Truppenabzug befürworte. Er wiederholte jedoch, dass die Angriffe der Hisbollah den Dialog nicht unterstützten.

Nach den Protesten änderte der französische Premierminister das geplante Programm und verzichtete auf den Besuch eines Flüchtlingslagers im Süden des Gazastreifens. Susanne Knaul