CDU muss üben: Wie wähle ich den Chef?

■ Die Union ist ratlos, mit welchem Procedere sie den Nachfolger Wolfgang Schäubles finden soll. Mitgliederbefragung, Kampfkandidatur zwischen Rühe und Merkel – nichts wird mehr ausgeschlossen

Berlin (taz) – Die Schatten von Helmut Kohl lassen die Christdemokraten nicht ruhen. Erst brockt er ihnen die Spendenaffäre ein, und nun müssen sie feststellen, dass sie nicht wissen, wie man ohne den Dicken einen oder eine Parteivorsitzende(n) wählt. 25 Jahre Kohl als Parteivorsitzender waren wohl in vieler Hinsicht zu viel.

Klar ist in der CDU momentan nur, dass sich Entscheidungen nicht mehr einfach von oben durchsetzen lassen. Klar ist auch: Die Basis soll gehört werden. Nur wie man das anstellen will, darüber herrscht große Ratlosigkeit. Der scheidende Parteivorsitzende Wolfgang Schäuble musste gestern einräumen: „Genau sagen, was dabei herauskommt, kann ich Ihnen nicht.“ Dabei sprach er vom 20. März. An diesem Tag will die Partei über die Bewerbungen für den Parteivorsitz entscheiden.

Wie das Procedere zur Wahl des neuen Chefs vonstatten gehen soll, ist ungewiss. Denn entgegen den ursprünglichen Erwartungen wird der CDU-Bundesvorstand am 20. März nicht unbedingt einen Kandidatenvorschlag für den Parteivorsitzenden machen, der Anfang April auf dem Parteitag in Essen gewählt werden soll. Nochchef Schäuble gestand gestern, er könne nicht genau sagen, ob der Vorstand nach einer breiten Diskussion in den Landesverbänden einen Vorschlag machen werde. Auf keinen Fall aber dürfe der Eindruck entstehen, die Führungsriege habe vor, „das Ergebnis von oben herab zu verordnen“.

Schäuble wollte selbst eine Mitgliederbefragung nicht mehr ausschließen, sollte es mehrere Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden geben. „Das ist eine Frage, die gegebenenfalls am 20. März zu klären ist“, sagte er, obwohl CDU-intern die Urabstimmung angeblich schon vom Tisch ist. In einem solchen Abstimmungsverfahren wären die Chancen von Jürgen Rüttgers, überraschend doch noch für das höchste Amt in der Partei zu kandidieren, nahe null.

Auch eine Kampfkandidatur zwischen Angela Merkel und Volker Rühe wird nach der Achtungsniederlage von Rühe in Schleswig-Holstein nicht mehr ausgeschlossen. Gestern war keiner der beiden bereit, auch nur andeutungsweise öffentlich darüber nachzudenken, ob er zu einer Kandidatur überhaupt bereit sei. „Ungewissheit ist die einzige Möglichkeit, einen Meinungsbildungsprozess von unten nach oben durchzuführen“, philosophierte Generalsekretärin Merkel.

Ungewiss ist auch noch, wer heute in den Fraktionsvorstand der Union gewählt werden wird. Bis gestern Abend war nur klar, das Merz Fraktionschef und sowohl Horst Seehofer als auch Volker Rühe Stellvertreter werden sollen. Um die anderen fünf Stellvertreterposten wurde gestern hinter den Kulissen noch kräftig gerangelt. Wahrscheinlich tritt der CDA-Vorsitzende Rainer Eppelmann gegen den für die neuen Länder zuständigen Michael Luther an. Auch Hans-Peter Repnik, so heißt es, soll auch wieder das Amt des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers übernehmen. Aber auch über seine Stellvertreter wurde noch diskutiert. Nicht mehr antreten werden die ehemalige Schatzmeisterin Brigitte Baumeister und Joachim Hörster. Beide haben sich im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre unbeliebt gemacht.

Karin Nink