Hartes Ermessen

■ Mit Innenminister Wienholtz (SPD) verliert Schleswig-Holstein einen Ressortchef, der bundesweit Akzente setzte

Zwei Tage nach den Kieler Landtagswahlen ist Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) das halbe Kabinett weggebrochen. Nach Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) haben gestern auch Umweltminister Rainder Steenblock (Grüne), Justizminister Gerd Walter (SPD), Frauenminis-terin Angelika Birk (Grüne) und Wirtschaftsminister Horst Bülck (parteilos) das Handtuch geworfen.

Von den scheidenden Kabinettsmitgliedern hat vor allem Wienholtz bundesweit Akzente gesetzt, speziell in der Ausländer- und Mig-rationspolitik. Mit ihm verliert die Regierung einen Ressortchef, der zwar wie seine Amtskollegen streng das Ausländergesetz vollzog; in seiner Amtszeit wurde etwa der Abschiebeknast in Rendsburg gebaut. Auf der anderen Seite war Wienholtz jedoch gewillt, Spielräume zugunsten von Flüchtlingen zu nutzen – weit mehr als der Hamburger rot-grüne Senat.

Während Flüchtlingsinis in Hamburg vergeblich eine Härtefallkommission für ausreisepflichtige AusländerInnen fordern, tagt eine solche heute regelmäßig in Schleswig-Holstein. Als im Februar 1998 der Bürgerkrieg in Algerien eskalierte und die Bundesinnenministerkonferenz einen Abschiebestopp ablehnte, war es allein Wienholtz, der ankündigte, dennoch keine Algerier zurückzuschicken.

Einen weiteren Abschiebestopp erließ er vor Inkrafttreten der „Altfallregelung“ für Flüchtlinge, die schon mehrere Jahre in Schleswig-Holstein lebten – während Hamburg weiterhin Altfälle abschob. Und während die hiesige Innenbehörde Bedenken äußerte, Flüchtlinge könnten Deutschen Arbeitsplätze klauen, war es Wienholtz, der im September 1999 forderte, das Arbeitsverbot für Asylbewerber aufzuheben.

Wienholtz scheute sich auch nicht, Amtskollegen für deren Politik zu kritisieren – wie etwa Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), dem er im November vorwarf, mit seinen Ansichten zur Asylpolitik „dem Rechtsextremismus Rückenwind zu verschaffen“. Der Mut, Kritik an seiner Politik zu riskieren, fehlte ihm hingegen zuweilen. Jahrelang hatte er etwa seinen Willen beteuert, den Überlebenden des Lübecker Brandanschlages den Aufenthalt in der BRD zu ermöglichen. Statt das jedoch selbst zu verfügen, verwies Wienholtz stets ans Bundesinnenministerium. Und fand sich damit ab, dass der damalige Ressortchef Manfred Kanther (CDU) das Bleiberecht verwehrte.

Elke Spanner