Beste Frisöre sind auch nur Menschen: Udo Walz las in der Bar jeder Vernunft

Wahrscheinlich hat er die einzig richtige Erklärung. „Dass ich auf Hawaii oder in Island Locken drehe, das ist doch genial“, sagt Udo Walz. Deshalb gibt es ein Buch, das „waschen, schneiden, leben“ heißt und seine Geschichte erzählt. Deshalb ist die Bar jeder Vernunft gerammelt voll, als am Montagabend just dieses Buch vorgestellt wird. Und deshalb outet sich Sabine Christiansen als Walz-Fan und sagt drei Halbsätze Moderation, nach einer Einführung von Wolfgang Klein und vor der weiteren Fortführung durch Ralph Morgenstern, der ZDF Kaffeeklatschtante. Der Frisör ist ein Star, und er ist ein Star, weil es genial ist, an den unmöglichsten Orten der Welt Locken zu drehen.

Ansonsten ist der Frisör ein braver Schwabe, er ist fleißig, zuverlässig, beständig. Er trifft die Großen der Welt, als Anfänger gleich Marlene Dietrich und Rock Hudson, aber er ist zu schüchtern, deren Avancen wirklich zu schätzen. Das beruhigt den Leser, dass der Meister ein Mensch ist, wie ich und du, und überhaupt so grundsolide. Und grundsolide war auch der Abend in der Bar jeder Vernunft. Nur Otto Sander deutete eine gewisse Extravaganz an und trug das Märchen von Rapunzel vor. Ralph Morgenstern meinte darin den ersten Blondinenwitz der Geschichte zu erkennen. Da bemerkte man plötzlich, dass man an diesem Abend erstmals Blondinenwitze schmerzlich vermisste.

Aber „waschen, schneiden, leben“, das steht ganz deutlich vorne im Buch drin, wurde von Joachim Bessing aufgezeichnet. Der Journalist und Jungautor gehört zu jener boy group, die vergangenes Jahrhundert an einem königlich traurigen Wochenende im Berliner Adlon das Ende der Ironie ausrief. Offenbar erfolgreich, denn das Manifest scheint mit Buch und Fest schon als voll ausgereiftes Programm vorzuliegen. Dass der Mann sein eigenes Buch in seiner eigenen Prinz-Kolumne über „Buch-Raketen, die 2000 abgehen“ als die „verblüffenden Lebenserinnerungen des besten Frisörs Deutschlands“ in den Himmel gehoben hat, macht da auch nichts mehr gut. Auch wenn das komisch ist, ironisch war es nicht gemeint.

Doch zurück zu Udo Walz: Das Ende der Sympathie muss nicht ausgerufen werden. Der Mann, der mit seinem kurz geschnittenen grauen Haar und dem kurz gestutzten grauen Vollbart so gut den Sean Connery macht, oder den lachenden Fozzy-Bär, will gar nicht so viel. Jedenfalls öffentlich. Die Rakete denkt er sich als Buch für den Strand, „das die Leute in den Ferien lesen und liegen lassen“. Und wer ihn nicht auf den Parties trifft, die durch seine Gegenwart zu A-Events geadelt werden, wie Henryk M. Broder im Spiegel weiß, der kann ihn auch in der Kunstbibliothek treffen. Das off the record, denn im Buch steht davon nichts.

Brigitte Werneburg

Udo Walz: „waschen, schneiden, leben“. Quadriga Verlag Berlin, 128 Seiten, 34 Mark