Schnittplatz
: Geht es dreister?

„Es geht lauter!“ – Ein Slogan, so richtig nach dem Geschmack junger Männer, die von Car-Hifi-Kraftpaketen beschallt durch die Gegend düsen. Immer Unterkante Schmerzgrenze, versteht sich.

Sie sind ein ideales Publikum für „Jump FM“, dem Nachfolgeprogramm von „MDR Life“. Doch „Jump FM“ ist ein bedrohtes Radio-Biotop. Der Berliner Privatsender „Jam FM“ erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen den MDR, weil „Jam FM“ mit „Jump FM“ verwechselt werden könnte. „Jump FM“ heißt nunmehr „Jump“ bzw. „der Sender, der bis auf weiteres Jump heißt“ (siehe taz vom 29. 2.).

Das wäre völlig egal, gäbe es nicht das Gästebuch auf den Internetseiten von „Jam FM“, einem Sender, spezialisiert auf Black Music. Das öffentlich zugängliche Forum, sonst eher Abladeplatz artiger Grußadressen ergebener Hörer, wurde zum Instrument der Rache.

Denn es geht lauter: „Wahrschwinlich ist man in Berlin nicht in der lage den klaren Unterschied zwichen JUMP-FM, dem POP Sender mit guter Musik, und Jam-FM, dem Sender mit öder Bimbo Musik, zu erkennen“, meint ein gewisser Schnabel aus Deutschland mit schlechter Rechtschreibung und klarer Meinung. Ein anderer Eintrag beschwert sich über den „Buschfunk“ der Soulfans, weitere wüste Beschimpfungen folgen.

Aber es geht noch lauter. Der MDR freut sich offenbar über diese Verunstaltungen mit, nun ja, rassistischer Anwandlung – und schreibt in einem Newsletter an seine treuen Hörer: „Tausende bekunden uns Ihre Sympatie zum Sender, pflastern die Gästebuch-Seiten von ‚Jam FM‘ – die inzwischen vom Berliner Sender gesperrt wurden – mit Unverständnis zu und stehen uns bei.“

Henric Glienke, Webmaster von „Jam FM“, hingegen weiß anderes zu berichten: „Nicht mehr als 15 Leute haben das Gäste4buch von uns zugemüllt, darunter sind etliche Einträge vom MDR“ – und sein Sender ließ durchsickern, es handele sich genauer gesagt um insgesamt 40 Einträge – abgeschickt direkt von Rechnern des MDR ... Mag sein, es geht lauter in Dresden. Aber kaum dreister. Holger Bruns