Der Seehund als Vorbild

■ WWF will mit Forschungsprojekt die Akzeptanz für TBT-Alternativen verbessern

Tributylzinn (TBT) ist buchstäblich in aller Munde. Viele Jahre war die Giftigkeit der Organozinnverbindung ein Qualitätsmerkmal: TBT ist selbst anspruchslosen Algen zu giftig, wodurch es für den Einsatz als Antifoulinganstrich auf Schiffsrümpfen geradezu ideal war. Aber nach Robben und Eisbären, die immer häufiger als Zwitter zur Welt kommen, ist nun auch der Mensch von dem Gift betroffen. Und dafür muss man kein Werftarbeiter sein, der es täglich verarbeitet: Schon mit dem Konsum einer normalen Portion Aal oder Muscheln kann der von der Weltgesundheitsorganisation festgelegte Grenzwert überschritten werden, sagt Georg Schwede vom World Wildlife Fund (WWF).

Zwar strebt die Weltschifffahrtsorganisation ein generelles TBT-Verbot ab 2003 an, aber selbst das müsste keine Entwarnung bedeuten: Die Reeder könnten auf andere giftige Biozide umsteigen, deren Verbot sich wieder Jahrzehnte hinzöge. Dabei gibt es ungiftige Alternativen: Zum Beispiel Farben, die sich kontrolliert ablösen und Algen und Muscheln mitnehmen. Oder Oberflächen, die zu glatt für einen Bewuchs sind. Oder das Modell „Seehundsfell“: Die Schiffsoberfläche wird mit feinen Fasern beschossen, zwischen denen sich keine Organismen ansiedeln können.

Aber in der Berufsschifffahrt finden diese Verfahren wenig Akzeptanz. Sie verlängern zum Teil die teuren Dockzeiten und stehen im Verdacht, den Dieselverbrauch zu steigern. Deshalb hat der WWF nun ein Forschungsprojekt angestoßen, das die ökologische ebenso wie die wirtschaftliche Eignung der neuen Verfahren für die Großschifffahrt untersucht. Sie werden auf 25 Testschiffen verschiedener Reedereien erprobt. Dabei legten die Wissenschaftler der Forschungsstelle Küste und des Hamburger Limnomar-Instituts Wert auf möglichst viele Varianten: Kleinere Schiffe werden ganzflächig behandelt und bei turnusmäßigen Dockaufenthalten untersucht. Das geht bei der „Cap Roca“ nicht: Das 234 Meter lange Containerschiff der Hamburg-Süd-Reederei geht zu selten ins Dock. Deswegen nehmen Taucher Zwischenkontrollen unter der Wasserlinie vor, wo Streifen mit verschiedenen Oberflächen zwischen Europa und Südamerika probefahren.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt trägt mit 1,2 Millionen Mark den größten Brocken an dem 3-Millionen-Projekt. Die Dockkosten übernehmen die Reedereien, die Farben stellen die Hersteller. Vom Ergebnis könnten sie alle profitieren, vor allem aber die Seehäfen: Sie würden bei der Entsorgung ihres ausgebaggerten Hafenschlicks Jahr für Jahr Millionen sparen, wenn er nicht mehr Biozid-vergiftet wäre. not