Augusto Pinochet auf dem Weg nach Chile
: Europas Schande

Auch seine letzte Schlacht hat der General gewonnen. Pinochet kehrt zurück nach Chile, ohne dass ihm in Europa der Prozess gemacht wurde. Eine politische Farce. Nichts an der Entscheidung, Pinochet freizulassen, war juristisch. Alles war politisches Kalkül. Niemand wollte Pinochet bei sich im Land sterben sehen. Warum eigentlich?

Pinochet kann das nur freuen. Er kehrt als Sieger nach Chile zurück. Und seine präpotenten Anhänger feiern schon den Sieg. Niemals haben sie es in Zweifel gezogen, dass sie im Recht sind, niemals haben sie sich hinterfragt. Nein, Pinochet bleibt für sie der Retter des Vaterlands vor dem Kommunismus. Mit soldatischer Sturheit dreschen sie weiterhin ihre alten Phrasen. Alles sei Lüge, nie hätte es Tote während Pinochets Zeit als Präsident gegeben und wenn, dann waren es ohnehin „nur Hurensöhne“.

Und ein solcher war auch der demokratisch gewählte Sozialist Salvador Allende, der von Pinochet aus dem Präsidentenpalast gebombt wurde. Für die Anhänger Pinochets, und es sind nicht wenige, war es Pinochet, der dem Land die Demokratie brachte – in 17 Jahren Militärdiktatur. Es sind diese sturen Extremrechten, die heute den Sieg davontragen – mit Hilfe von New Labour. Jetzt ist für sie bewiesen, was sie immer geglaubt haben: Wir sind im Recht.

Dabei hat Pinochet nur glaubhaft machen können, dass er krank ist. Nicht unschuldig. Wichtig aber bleibt das Ergebnis: Pinochet, der einst die chilenische Demokratie zerstörte, der über 3.000 Menschen ermorden ließ und unzählige ins Exil trieb, ist ein freier Mann. Der Triumph gehört dem General. Und aller Voraussicht nach wird Pinochet ein freier Mann bleiben. Wer zu krank ist, einen Prozess in Spanien zu überstehen, der kann auch keinen in Santiago überstehen. Aber das liegt ohnehin außerhalb jeglicher Einbildungskraft. Als Senator auf Lebenszeit kann er juristisch nicht belangt werden. Außerdem hat Pinochet vorgesorgt. In der von ihm selbst geschriebenen und noch heute gültigen Verfassung hat er eine Amnestie für während der Diktatur begangene Verbrechen bestimmt. Er ist also doppelt abgesichert.

Als ehemaliger Militärangehöriger wäre zudem ein Militärgericht für ihn zuständig. Und das Militärgericht, das den Übervater aller chilenischen Militärs auf die Anklagebank zitiert, muss erst noch geschaffen werden. Somit bleibt es dabei: London war des Generals letzte Schlacht. Und er hat sie gewonnen.

Ingo Malcher