Vom Streik- zum Museumstag

■ Die alten Themen sind zwar fast alle noch aktuell, doch spektakulär sind die Aktionen des Internationalen Frauentags längst nicht mehr

Das waren Zeiten: Traubenweise Lila Luftballons auf dem Rathausmarkt, verhüllte Denkmäler und weiblich umbenannte Plätze. Mancherorts sind die Bürostühle verwaist, auch die Männer der taz hamburg bequengeln die Abwesenheit ihrer Kolleginnnen. „8. März: Frauenstreik! Hamburger Streikkomitee erwartet 20.000 Teilnehmerinnen“, titelte damals die taz. Die kamen zwar nicht zusammen, aber immerhin 2000 TeilnehmerInnen zählt das Streikkomitee am späten Nachmittag. Das war 1994. Und im Jahr drauf? „Diesmal ohne Streik, aber mit Aktionen“, verkündet die taz bemüht optimis-tisch, 1997 ging frau noch „abends zum Ball“ nach „morgens Krawall“.

Diesmal ist der Internationale Frauentag in Hamburg im Museum gelandet: „1000 Pläne plus 1000 Ideen gleich 2000 Taten“, verspricht das Museum für Arbeit in Kooperation mit dem DGB und Einzelgewerkschaften sowie dem Landesfrauenrat. Mit Führungen durch die Austellung der Abteilung Frauen- und Geschlechtergeschichte (16.30 Uhr) und der Karikaturen von Marie Marcks (17 Uhr), einem kulturellen Begleitprogramm sowie abendlichem Vortrag mit Diskussion (19 Uhr) wird die Geschlechterperspektive in der Arbeitswelt thematisiert.

Ansonsten ist von 2000 Taten zum Kampftag der Frauen offiziell wenig zu sehen und zu hören. Das Senatsamt für Gleichstellung hat termingerecht eine Broschüre herausgebracht: „Neue Wege, andere Perspektiven“ gibt einen Überblick über die Arbeit des Amtes. Und demonstriert wird am 8. März auch: Um 14 Uhr startet vorm Audimax eine vom Frauen- und Lesbenrat an der Uni initiierte Demo, zu der frau auch noch um 14.30 Uhr am Kriegsklotz (Stefansplatz) gehen kann. Um 17 Uhr gibts vorm Untersuchungsgefängnis Holstenglacis, in dem Frauen in Abschiebehaft sitzen, eine Kundgebung von verschiedenen Frauen- und Lesbengruppen mit anschließender Demo durch die Innenstadt.

„Demos sind generell out“, befindet allerdings Rose Killinger vom Frauenbildungszentrum „Denk(t)räume“. Das Hamburger Projektetreffen, ein frauenpolitisches Netzwerk, in dem auch „Denk(t)räume“ engagiert ist, setzt in diesem Jahr auf Multiplikatoren: Im Rahmen einer Stadtrundfahrt werden VertreterInnen aus Presse und Politik über die Arbeit der Projekte informiert. Antiquiert findet Killinger den Frauentag nicht, „denn die alten Themen sind doch fast alle noch aktuell“. Außerdem, so die Bildungsreferentin, biete er immer noch die Möglichkeit, verstärkte Aufmerksamkeit auf Frauenbelange zu richten. „Ansonsten ist das doch eher wie mit Hausfrauenfleißarbeit: Man spült und spült und spült und keiner merkt, dass täglich wieder sauberes Geschirr da ist.“ Silke Langhoff

Übrigens: In Norderstedt findet der 8. März drei Tage später statt. Das dortige Frauen-Netz hat den diesjährigen Internationalen Frauentag auf den darauffolgenden Samstag verlegt, „damit mehr Frauen (und auch Männer und Kinder) daran teilnehmen können“. „Starke Frauen“ heißt das Motto des Programms mit Lesungen, Musikalischem und Kulinarischem sowie einem Theaterstück, das von 11 bis 17 Uhr im Norderstedter Rathaus geboten wird.

Ahistorisch ist die Norderstedter Datumsverschiebung nicht: Der erste Internationale Frauentag 1911 fand am 19. März in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA statt. Erst zehn Jahre später wurde auf Beschluss der zweiten kommunistischen Frauenkonferenz der 8. März zum Kampftag für Frauenrechte auserkoren.