Geld für Einspeiser

Deutschlands Windparkplaner können aufatmen. Kapitalanleger sollten vor einer Investition die Prospekte genau prüfen

Lange musste Peter Ahmels, Vorsitzender des Bundesverbandes WindEnergie (BWE), in Berlin Politiker aller Fraktionen von den Vorteilen der Windenergie überzeugen. Seine Argumente klingen plausibel: Nach zehn Jahren ist Deutschland Weltmeister bei der Nutzung der Kraft des Windes. Über 4.000 Megawatt Windkraftleistung sind am Netz. Die Windstromproduktion stieg allein 1999 um 30 Prozent von 4,6 auf über 6 Milliarden Kilowattstunden. Rund 20.000 neue Arbeitsplätze sind im Windschatten der Branche entstanden. Der Gesamtumsatz hat im vorigen Jahr erstmals die Grenze von drei Milliarden Mark überschritten. „Das Erneuerbare-Energie-Gesetz, EEG, gibt Herstellern, Planern und Investoren wieder mehr Sicherheit“, so Ahmels. Demnach wird es eine Vergütung von 17,8 Pfennig pro Kilowattstunde Strom aus Windturbinen in den ersten fünf Jahren geben. Anschließend sinkt die Vergütung nach einem bestimmten Zeitraum, der von der jeweils am Standort erzielten Energieausbeute abhängt, auf 13,8 Pf/kWh. Noch im Dezember vorigen Jahres war die Stimmung in der Branche düster. Investoren und Banken würden sich reihenweise aus dem Windgeschäft zurückziehen, hieß es unisono bei Herstellern und Planern.

Die Situation hat sich geändert. Die Planungsbüros surfen auf einer Investitionswelle wie selten zuvor in Deutschland. Ob Boreas in Dresden, EnergieKontor in Bremen, EnerSys in Wiesbaden, Ostwind in Regensburg oder die Firma Umweltkontor im rheinischen Hückelhoven – das Geschäft mit Windparkfonds brummt. „Die Zeichen stehen auf Wachstum“, meint Bodo Wilkens, Geschäftsführer der Planungsgruppe EnergieKontor. Die Anteile an Windparkfonds gehen weg wie warme Semmeln. „Die Zeit zwischen Vertriebsaufnahme und Schließung der Fonds beträgt oft nur zwei, drei Wochen.“

Immerhin versprechen die bunten Prospekte der Anbieter tolle Renditen: 100 Prozent Verlustzuweisung und teilweise jährliche Ausschüttungen, die bei manchen Projekten sogar die 25-Prozent-Grenze übersteigen sollen. Klar ist, dass bei aller Vorfreude über prognostizierte Gewinne jeder potenzielle Kommanditist grundsätzlich die umfangreichen Prospekte prüfen sollte, bevor er mit einigen tausend Mark und mehr ins Windkraftgeschäft einsteigt. Bislang ist dem Bundesverband WindEnergie aber noch kein Fall bekannt geworden, wo Anleger um Millionen geprellt wurden. Die Branche selbst sorgt über einen so genannten Planerbeirat dafür, dass schwarze Schafe frühzeitig geoutet werden. ein Restrisiko kann trotzdem niemand ausschließen.

Doch wie kann sich ein Anleger orientieren? Einige Eckdaten sollten in jedem Fall berücksichtigt werden: Nur wenn die Windgutachten vor Ort erstellt worden sind, kann von einigermaßen verlässlichen Werten ausgegangen werden. „Die Anleger sollten darauf achten, dass echte vermessene Leistungskurven der Windräder vorhanden sind. Nicht zu überprüfende Durchschnittswerte der Windturbinen reichen nicht aus, um sichere Energieerträge am jeweiligen Standort vorhersagen zu können“, meint Markus Jansen, Leiter des einzigen deutschen Binnenland-Windtestfeldes in Grevenbroich. Wer sich also auf Konstruktionsdaten der Hersteller verlässt, kann nicht unbedingt mit 100-prozentig garantierten Ergebnissen rechnen. Klar ist aber auch, je höher die durchschnittliche Windgeschwindigkeit, desto besser ist die „Ernte“, sprich die Stromausbeute. Die Turbinen sind in der Regel von den Herstellern auf eine Lebensdauer von mindestens 20 Jahren ausgelegt. Kaum eine der ersten großen Mühlen mit einer Leistung von 500 und mehr Kilowattstunden kann aber bisher auf eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren zurückschauen. Auch das muss jedem Anleger einleuchten: Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Verschleiß der Turbinen, Wartungs- und Instandhaltungskosten steigen. Je höher die dafür in den Prospekten angesetzten Rücklagen und Beträge sind, desto geringer ist die Gefahr, von unangenehmen Überraschungen überrollt zu werden. „Wir setzen bei unseren Projekten auf lang laufende Wartungsverträge. So wird das Risiko für den Anleger kalkulierbar“, meint Heinrich Lohmann, Geschäftsführer der Planungsgesellschaft Umweltkontor. Fondszeichner sind auf jeden Fall auf der sicheren Seite, wenn die Planer mit den Turbinenbauern über lange Zeiträume Serviceverträge abgeschlossen haben. Allein im vorigen Jahr investierten deutsche Anleger rund 1,7 Milliarden Mark in Windparks. Branchenkenner rechnen in diesem Jahr mit dem Überschreiten der 2-Milliarden-Grenze.

Das neue Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien hat nun auch das Interesse ganz anderer Investoren geweckt. So hat die Deutsche Bank erstmalig einen kompletten Windpark mit mehr als 20 Propellern erworben. „Die Sache rechnet sich für uns. Es gibt immer mehr Leute, die ihr Geld in grüne, ökologisch einwandfreie Projekte investieren wollen“, so ein Bankmitarbeiter.

Langfristig könnte der Trend beim Windgeschäft dazu übergehen, dass immer häufiger Gesellschaften auftauchen, die den Kauf von Aktien anbieten. Jüngstes Beispiel ist die wind7ag, die auf der Messe Husum Wind ’99 aus der Taufe gehoben wurde. „Wir wollen mit dieser Gesellschaft Kapital für verschiedene Projekte einsammeln“, erklärt Dirk Jesaitis, Vorstand der wind7ag. Der Vorteil der AG-Konstruktion: Die Investoren sind an einer Wertsteigerung des Unternehmens interessiert, das einzige was zählt, ist grün lackierter Shareholder-Value. Weiterer Vorteil: Das Geld kann leichter in Projekte fließen, die im Ausland realisiert werden sollen. Die Anleger profitieren davon, dass das Risiko breiter gestreut ist, weil die AG die unterschiedlichsten Projekte in mehreren Ländern betreiben kann. „Mit dieser neuen Entwicklung wird das Windkraftgeschäft noch einmal so richtig durchstarten“, ist sich Jesaitis sicher. Michael Franken