Der gute Zweck

Der Filmproduzent Atze Brauner sammelt für den Spendensünder,denn er hat ein Herz für tragische Helden

Wenn es einem guten Zweck dient, investiert Artur Brauner gerne in Verlustgeschäfte. Seit den Fünfzigerjahren war der Berliner Filmproduzent mit biederen Werken wie „Das Mädel aus der Konfektion“ zu Geld gelangt. Erst sehr viel später gab Brauner, der als Jude den Holocaust überlebt hatte, das Geld für anspruchsvolle Filme über die Nazizeit wieder aus.

Jetzt spendiert der 81-Jährige sein Geld erneut für einen tragischen Helden, der ihm gewiss keinen Gewinn mehr verspricht: Er will sein Scherflein zu jener Sechs-Millionen-Spende an die CDU beitragen, die dem Ex-Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl zur Ehrenrettung dienen soll. Nach Nestlé-Chef Helmut Maucher wagt sich der Produzent als zweiter Spender aus der Deckung – und beklagt „die unmenschliche und unwürdige Hetzjagd gegen Helmut Kohl“.

In die missliche Lage des Affärenproduzenten Kohl kann sich Brauner gut einfühlen. Seit seine Familie im vergangenen Jahr gleich mehrfach ins Visier der Staatsanwälte geraten war, betrachtet sich Brauner selbst als Opfer. Der Liebling der Berliner Gesellschaftskolumnisten sah sich plötzlich mit negativen Schlagzeilen konfrontiert. So hieß es, seine Tochter habe zum Schein ihr eigenes Kind entführen lassen, um ihn zu erpressen. Brauner selbst vermutet dahinter eine Intrige. Rechte Kreise hätten es nicht verwunden, dass er zum 50. Jahrestag des Kriegsendes mit einer Anzeigenkampagne gegen deutsches Selbstmitleid zu Felde zog und dabei unter anderem den CDU-Politiker Alfred Dregger angriff.

Ein Konservativer ist Brauner trotzdem geblieben. Die Verdrängungswut der biederen Kohl-Generation haben gerade Brauners Filme in den 50er-Jahren bestens bedient. Mit Streifen, die eine heile Welt vorgaukelten, kontrollierte er zweitweise ein Achtel des gesamten deutschen Kinoangebots.

Mit dem Altkanzler eint den Produzenten auch sein Wunsch, stets alles unter Kontrolle zu behalten. Mit der ersten Garde deutscher Regisseure – einem Wim Wenders oder Werner Herzog – hat Brauner nie zusammengearbeitet, weil sie ihm den gewünschten Einfluss auf die Produktion nie zugestanden hätten.

Mit seinen Filmen über die Nazizeit fühlt sich Brauner in Deutschland bis heute unverstanden. Dass die deutsche Auswahlkommission seinen „Hitlerjungen Salomon“ 1991 nicht für den Oscar nominierte, hat er nicht verwunden. „Ungerecht und ohne Perspektive“ habe die Presse über seine Werke geurteilt, klagt Brauner. Solche Worte könnten auch von Helmut Kohl stammen. Mehr noch als Brauners Scheck wird der Politiker solchen Trost zu schätzen wissen.

RALPH BOLLMANN