Bevor es zu spät ist: Ambulante Hilfe zur Erziehung
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Anfang der 90er Jahre wurde offenbar, dass das System von Heimplätzen und Jugendwohnungen in Hamburg nicht ausreichte, um Familien in Krisensituationen zu helfen. Für viele Jugendlichen war es keine Lösung, aus ihren sozialen Milieus herausgenommen zu werden. Auf Grundlage des neuen Kinder- und Jugendhilfegesetzes führte Hamburg deshalb 1995 die „ambulanten Hilfen zur Erziehung (HZE)“ ein, die vorsehen, dass Kinder, Jugendliche und Eltern stundenweise von SozialarbeiterInnen Zuhause besucht und betreut werden. Das neue Motto lautete damals : Lieber vorbeugend helfen als warten, bis es zu spät ist.

Ambulante Hilfen sollten auf Dauer sogar Kosten sparen. Doch bei ihrer Organisation und Finanzierung, so die Kritiker, habe das Amt für Jugend „eklatante Steuerungsfehler“ gemacht. Es entstand ein System, das davon lebt, möglichst viele „Fälle“ zu produzieren: Zunächst waren die Träger, die HZE anbieten, pauschal über „Zuwendungen“ finanziert worden. Dabei wurde davon ausgegangen, dass eine Familie 18 Wochenstunden benötigt. 1996 reformierte das Amt jedoch die Finanzierung und führte die sogenannte „Fachleistungsstunde“ ein. Die Allgemeinen Sozialen Dienste in den Bezirken sollten fortan darüber entscheiden, wieviel Stunden ein Fall bekommt.

Die Folge war, so KritikerInnen, dass es im Interesse der Träger lag, auf sogenannten Erziehungskonferenzen die Fälle möglichst „hochzupushen“, um mehr Stunden zu bekommen. Da jede Fachleistungsstunde einen hohen Bürokratieanteil enthält, konnten viele Träger mit dem Geld einen Leitungsapparat aufbauen und Rücklagen bilden. kaj