Pfälzer Übermut

Der 1. FC Kaiserslautern muss nach der 1:3-Niederlage gegen Leverkusen seine hohen Ansprüche relativieren

KAISERSLAUTERN taz ■ Der Fastnachtssamstag ist kein gutes Datum für den 1. FC Kaiserslautern. Zwar ist es zum Fest der Närrinnen und Narren Anno 2000 zwar nicht so schlimm wie vor zehn Jahren, als der spätere Absteiger SV Waldhof Mannheim seinen Erzfeind aus der Pfalz mit 4:0 auf den letzten Tabellenplatz schubste, doch vom komfortablen Champions-League-Platz Nummer vier sind die Lauterer binnen 14 Tagen auf einen zweistelligen Rang abgefallen. Und gehören jetzt trotz ihrer teuren Stars Sforza, Djorkaeff und Basler lediglich zum Kreis der neun Mannschaften, die sich hinter dem Führungstrio Bayern München, Bayer Leverkusen und dem Hamburger SV um eben diesen Platz vier, die dahinter liegenden zwei Uefa-Cup-Plätze und zwei UI-Cup-Ränge streiten, mal weiter unten, mal weiter oben.

Folgerichtig hat der 1. FCK, der am 2. Juli 2000 hundert Jahre alt werden wird und dieses Jubiläum gerne standesgemäß begehen möchte, für den von ihm im letzten Jahr noch so geschmähten UI-Cup gemeldet und gut daran getan. Denn nach den glücklichen Siegen in Dortmund, Bielefeld und gegen Werder Bremen sind die Roten Teufel mit Niederlagen beim HSV und gegen Bayer Leverkusen in der Mittelmäßigkeit angekommen.

Nur Standardsituationen, sprich Freistöße à la Mario Basler am Fließband, reichten nicht aus, um den Tabellenzweiten mehr als einmal zu erschrecken. Der Schreck in der 21. Minute, als Basler zum 1:0 traf, schockte die Gäste überhaupt nicht, lullte aber die Pfälzer auf dem Platz und auf den Rängen ein. Die atmeten nämlich auf, dass nach dem 0:3 und dem 0:1 aus den letzten beiden Spielzeiten der Bayer-Komplex des 1. FCK überwunden schien. Doch die große Mehrzahl der 41.500 Zuschauer irrte ebenso wie nach dem Spiel Otto Rehhagel. Kaiserslautern scheiterte nicht, wie der Trainer meinte, wegen der individuellen Fehler von Hany Ramzy und Michael Schjönberg. Entscheidend war die Anlage des Spiels, über die Christoph Daums Mannschaft verfügt und die den Lauterern bei ihrer 1:3-Niederlage gänzlich abging.

Die Abwehr des 1. FCK, seit dem Abgang von Miroslav Kadlec trotz der Bemühungen des Not-Liberos Ciriaco Sforza führungslos, bot ihr in dieser Saison schon mehrfach inszeniertes Katastrophen-Szenario. Ungebremst in ihrem Leichtsinn und Übermut knüpfte sie an die schlimmste Blamage beim 1:4 im Uefa-Cup im Dezember gegen den RC Lens an und kam mit dem 1:3 noch gut davon. Bei so viel Unzulänglichkeiten relativieren sich die hohen Ansprüche von Ciriaco Sforza und Youri Djorkaeff, den einzigen Winner-Typen in Rot. Deren Ziel ist nicht der Uefa-Cup und schon gar nicht der Urlaub raubende UI-Cup, sondern einzig und allein der vierte Tabellenplatz, wenn am 20. Mai um 17.15 Uhr das letzte Spiel gegen die Münchner Löwen abgepfiffen ist.

Wie aber soll es in der Pfalz künftig besser werden, wenn der oberste und für unfehlbar erklärte Lehrmeister Otto Rehhagel weiter schaltet und waltet, wie es ihm beliebt? Der den Worten seines Kollegen Daum geistesabwesend und uninteressiert keinerlei Beachtung schenkt und so weiter macht wie bisher. Und der den 1. FCK, der immer auch von seiner regionalen Identität gelebt hat, innerhalb von dreieinhalb Jahren zu einem Multikulti-Team ohne Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis gemacht hat.

Wie es anders geht, zeigt das Beispiel Bayer Leverkusen, wo um die Brasilianer Emerson, Zé Roberto und Ponte herum konzentriert und diszipliniert Fußball gespielt wird und man es lediglich versäumte, mit einem wesentlich höheren Sieg auf dem Betzenberg dem 1. FC Kaiserslautern die von den Freudentränen über die Erfolge vergangener Tage verklebten Augen zu öffnen. GÜNTER ROHRBACHER-LIST

1. FC Kaiserslautern: Gospodarek – Sforza – Ramzy, Schjönberg – Basler, Ratinho, Hristow, Komljenovic, Strasser (67. Reisch) – Pettersson (46. Marschall), DjorkaeffBayer Leverkusen: Juric – Nowotny, Ramelow, Kovac – Emerson, Zé Roberto, Ballack, Beinlich – Rink (80. Ponte), Neuville (60. Zivkovic), Kirsten (72. Hoffmann)Zuschauer: 41.500; Tore: 1:0 Basler (21.), 1:1 Zé Roberto (36), 1:2 Kirsten (38.), 1:3 Kovac (58.)