schnittplatz
: Unbestechliche Rechercheure

1976 schilderte der Polit-Thriller „Die Unbestechlichen“ die Aufdeckung des Watergate-Skandals durch Reporter der Washington Post. Heerscharen von künftigen Journalisten erhielten hier auch gleich ihre erste Lektion: Jede Information muss vor Veröffentlichung durch eine zweite Quelle abgesichert sein.

 Andere Zeiten waren das. Heutzutage genügt ein fragwürdiges Fax, um eine Meldung via Nachrichtenagentur breit zu streuen. Nicht immer aber sind Zeitungsenten so spektakulär wie Helmut Kohls angebliche Aussagebereitschaft. Gerade bei den unbedeutenden Meldungen waltet häufig kaum erkennbare Nachlässigkeit. Als die sächsische Nachtigall Regina Zindler auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes stand, peitschte die Leipziger Volkszeitung die Stimmung auf: „Regina Zindler sonnt sich mit Mann Joachim am Roten Meer, während ihre über achtzigjährige Mutter im Krankenhaus liegt.“ Die Zindlers befänden sich in Ägypten, so das angebliche Recherche-Ergebnis des Blattes. Ein Anruf hätte genügt, den Sachverhalt zu klären. Kaum jemand aber machte sich die Mühe, und so fand der Unfug massenhafte Verbreitung.

 Ein aktuelles Beispiel betrifft die im Zuge der „Big Brother“-Hysterie wieder zur Sprache gekommene Doku-Soap „Das wahre Leben“. Die wurde 1994 für einen Grimme-Preis vorgeschlagen, was nichts bedeutet, denn Zuschauer und Sender können nach Belieben Vorschläge einreichen. Die werden von einer Kommission gesiebt, aus den nominierten Titeln schließlich kürt eine Jury die Preisträger. Im Fall „Das wahre Leben“ blieb es beim Vorschlag. In der Woche vom 25. Februar aber wurde der Reihe im Nachhinein zur Nominierung verholfen. Der Süddeutschen Zeitung war auch das zu wenig. Laut Ausgabe vom 1. März „bekam ‚Das wahre Leben‘ den Grimme-Preis, der als Auszeichnung für Qualität gilt“. Soso.

 Fürs nächste Mal ein Recherchetipp aus dem derzeit kursierenden, von David E. Kelley („Ally McBeal“) geschriebenen Kinofilm „Lake Placid“: „Sie verstecken diese Informationen in Büchern.“ HARALD KELLER