Von Panzern und Pillen

Fonds für ethische Geldanlage wählen höchst unterschiedliche Kriterien. Viele verzichten auf Waffenfabriken, andere wollen keine Molkereien

von REINER METZGER

„Grünen-Wähler sind die größten Zocker“, schrieb die Bild-Zeitung vergangene Woche. So jedenfalls deutete sie das Ergebnis einer Umfrage, wer Geld in Aktien investiert hat. Denn das Wahlvolk der Grünen lag mit 36 Prozent der Befragten vor FDP (31), CDU (28) und SPD (22 Prozent). Neben solchen allgemeinen Zahlen ist wenig bekannt, in welche Aktien, Sparbücher oder festverzinsliche Wertpapiere Grüne, Linke oder zum Beispiel Tierliebhaber ihr Erspartes stecken. Laut einer Umfrage des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) unter Anlegern nach Umweltkriterien sind die grünen Kapitalisten im Schnitt nur 41 Jahre alt und verdienen überdurchschnittlich viel. Ihre Zahl wächst endlich auch in Deutschland, nachdem Amerikaner, Briten oder Schweizer schon seit Jahren bewusster anlegen.

Begonnen hat das moderne ethische Investment mit der nordamerikanischen Methodistenkirche in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Angesichts damals ebenfalls raketenartig nach oben schießender Aktienkurse wollten die Kirchenmänner am Börsenboom teilhaben, nachdem sie Aktienanlagen bis dahin als verbotenes Wettspiel qualifiziert hatten. Sie untersuchten die börsennotierten Firmen auf Beteiligung an der Alkoholbranche und Spielcasinos. Die Kirche der Quäker folgte und schloss vor allem Waffenhersteller aus. Eine breitere Öffentlichkeit in den USA nahm dann von ethischem Investment Notiz mit der Eröffnung des Pax Fund 1971, eine Reaktion gegen den Vietnamkrieg und den militärisch-industriellen Komplex.

Auch Abtreibungspillensind mitunter tabu

Derzeit verdoppelt sich in der angelsächsischen Welt die Summe der in „sozial verantwortlichen Investments“ angelegten Mittel alle zwei Jahre. In den USA sind bereits zwei Billionen Dollar auf diese Art eingesetzt.

In Deutschland ist die Tendenz zwar ebenfalls steigend, doch sind hier laut einer Studie des Ökozentrums NRW nur 1,16 Milliarde Mark in ökologisch-ethische Fonds investiert. Sechs Milliarden Mark entfallen auf grüne Kapitalanlagen insgesamt, davon alleine 2,8 Milliarden auf Beteiligungen an Windkraftanlagen. Zum Vergleich: Herkömmlichen Fonds vertrauen die Deutschen derzeit 457 Milliarden Mark an – inklusive der in Luxemburg geparkten Milliarden.

Die häufigsten Ausschlusskriterien für Ethikfonds sind Atomtechnik (was in Deutschland zum Beispiel die Dax-Firma Siemens ausschlösse), Rüstungstöchter (wie bei DaimlerChrysler und Mannesmann-Vodafone), Tabak- und Alkoholkonzerne oder Firmen mit Tierversuchen. Auch Umweltsünder, Tropenholz, Pornografie oder der Betrieb von Spielcasinos stehen auf diversen schwarzen Listen. In Großbritannien wollen einzelne Fonds nichts zu tun haben mit Unternehmen, die große Spenden an Parteien geben oder Abtreibungsmedikamente herstellen. Die Kriterien von Sovereign Ethical beispielsweise schließen auch Banken und die Hersteller von Fleisch- und Milchprodukten aus.

Neben Negativ- existieren auch Positivkriterien für eine Aufnahme in die Fonds. Wer sich für den Umweltschutz einsetzt, wohltätige Projekte unterstützt und Energiesparen propagiert, erhält dafür ebenso einen Bonus wie etwa für einen herausragenden Umgang mit seinen Angestellten. Es gibt natürlich schon Dienstleister, die für die Fondsverwalter die in Frage kommenden Firmen durchleuchten: zum Beispiel der von britischen Kirchen und Stiftungen gegründete Ethical Investment Research Service EIRS (www.eirs.u-net.com) oder die US-amerikanischen Non-profit-Forscher vom Investor Responsability Research Center IRRC (www.irrc.org). Im deutschsprachigen Raum gibt es etwa zwei Dutzend Umweltfonds, meist von konventionellen Banken wie der schweizerischen UBS mit ihrem gut 150 Millionen Franken schweren Marktführer Eco Performance. Firmenbeobachter sind zum Beispiel die Münchner Ökom (www.oekom.de) oder die Wiener Öko-Invest (www.oeko-invest.de).

Bei all den denkbaren Kriterien bleiben von den großen Konzernen nicht so viele übrig für die meisten ethischen Investoren. Der älteste britische Fonds Friends Provident Stewardship etwa nimmt nur 17 der 100 im Londoner FT-SE 100 Index vertretenen Firmen. Er investiert jedoch auch in mittelgroße Unternehmen und dort liegt die Trefferquote schon bei 40 Prozent. Je nach Zahl und Strenge der Kriterien ist also durchaus eine breite Basis für die Streuung des Anlagerisikos gegeben.

Wie aber steht es mit der Rendite? Gute Nachrichten kommen aus den USA und Kanada. Dort gibt es schon seit längerer Zeit drei ethische Aktienindizes. Ihr Wert wuchs stärker als der ihrer konventionellen Vorbilder. Der Wirtschaftsdienst Bloombergs stellte bei einer Studie zu britischen Fonds Mitte 1999 kaum eine Verbindung zwischen der Strenge der ethischen Kriterien und dem Profit fest. Genauso wie bei konventioneller Anlage schwankte das Ergebnis je nach Managementstrategie stark: Innerhalb von fünf Jahren reichte der Wertzuwachs von mageren neun bis zu satten 128 Prozent. Die konventionellen Aktien in London stiegen jedoch im Schnitt stärker als die Ethikfonds.

Öko-Rendite teilweise höher als konventioneller Profit

Das Musterdepot von Oeko-Invest, der weltweite Natur-Aktienindex Nax, wuchs im vergangenen Jahr 28 Prozent im Wert, der konventionelle Weltindex MSCI acht Prozent mehr. Die Münchner Ökom Research vergleicht seit Juni 1999 neun Branchen. Ergebnis: Der Aktienkurs von Unternehmen mit einem in der jeweiligen Branche überdurchschnittlichen Umwelt-Rating stieg in den ersten Vergleichsmonaten höher als der von „ökopassiven“ Firmen. Theoretisch zumindest gute Aussichten.

Nicht mithalten können ethische – genauso wenig wie konventionelle Fonds – mit den High-Tech-Börsen. Dort rissen die Internetaktien mit jährlichen Renditen von 100 Prozent und mehr alle Indizes unerreichbar weit nach oben. Die dortigen Anleger sind jedoch eher als Wettlustige einzuordnen denn als langfristige oder gar nachhaltige Investoren.

Einen ganz anderen Weg gehen die Frankfurter Ökobank (www.oekobank.de), die Bochumer GLS Gemeinschaftsbank (www.gls.de), oder die Umweltbank in Nürnberg (www.umweltbank.de). Sie bieten neben rentableren Fonds auch Förderkredite an, bei denen Geldgeber freiwillig niedrige Zinsen akzeptieren und dafür billige Kredite für förderungswillige Projekte ermöglichen. Der Trend geht jedoch auch im Grünen-Milieu zu Fondsanlagen, weniger zu Fördersparbüchern. Sind eben doch auch ein paar Zocker dabei.