Kosovo: Neue Spannungen

Neue albanische Untergrundorganisation in Serbien immer aktiver. KFOR-Warnschüsse gegen serbische Demonstranten im Kosovo. Annan warnt vor Ausdehnung der Gewalt

NEW YORK/BELGRAD afp/rtr/dpa ■ Eine neue Untergrundorganisation der Kosovo-Albaner steckt vermutlich hinter einem Feuergefecht mit serbischen Polizisten. Wie die Kosovo-Friedenstruppe KFOR am Samstag mitteilte, lieferten sich „radikale“ Albaner in der Nacht zuvor ein Gefecht mit Serben in der Nähe der Ortschaft Dobrosin in der fünf Kilometer breiten entmilitarisierten Zone Serbiens entlang der Grenze des Kosovo.

In Dobrosin befindet sich nach Presseberichten das Hauptquartier der neuen Guerillagruppe „Befreiungsarmee für Presevo, Medvedja, Bujanovac“ (UCPMB), die nach eigenen Angaben die Bevölkerung in diesen drei Orten vor serbischen Übergriffen schützen will. Eine Woche zuvor hatten Uniformierte mit dem Emblem der UCPMB – einem zweiköpfigen Adler auf rotem Grund – eine serbische Polizeipatrouille überfallen und einen serbischen Polizisten getötet. Am vergangenen Dienstag feuerten UCPMB-Kämpfer auf ein UN-Fahrzeug und verletzten dabei einen irischen UN-Vertreter.

Nach der Schießerei blieb die Lage gestern zunächst ruhig. KFOR-Sprecher sagten, Soldaten der internationalen Truppe würden in der Region Fahrzeuge und Personen überprüfen. Zudem gebe es im Grenzgebiet verstärkt Patrouillen.

Angaben zu Toten oder Verletzten der Schießerei bei Dobrosin gab es nicht. Nach Ausbruch der Gefechte flüchteten noch in der Nacht mehrere Dutzend Menschen aus der Ortschaft. KFOR-Sprecher Philip Anido sagte, die serbische Polizei sei befugt, in der fünf Kilometer breiten entmilitarisierten Zone für Sicherheit zu sorgen. Die KFOR habe nach dem Zwischenfall ihre Präsenz in der Region wesentlich erhöht. Die internationale Friedenstruppe werde es nicht zulassen, dass „bewaffnete Banden“ das Kosovo als Rückzugsgebiet nutzen, sagte der Sprecher.

Die Spannungen zwischen Albanern und Serben im Kosovo entluden sich am Wochenende erneut in verschiedenen Zwischenfällen: Fünf Albaner wurden am Samstag während einer Demonstration von Serben in Gracanica nahe der Kosovo-Hauptstadt Priština verletzt. Schwedische KFOR-Soldaten mussten mit Warnschüssen in die Luft die aufgebrachten Serben zum Rückzug zwingen. Etwa 70 Serben hatten in der Ortschaft wegen eines Granatenangriffs auf ein serbisches Haus protestiert und vorbeifahrende albanische Fahrzeuge mit Steinen beworfen. Zur Lage in der spannungsgeladenen Stadt Kosovska Mitrovica erklärte die KFOR, sie halte an ihren Rückführungsplänen für vertriebene Albaner in den serbischen Nordteil der Stadt fest. Das UNHCR hatte die Rückführung kritisiert, da den Albanern dort kein normales Leben möglich sei.

UN-Generalsekretär Kofi Annan veröffentlichte unterdessen einen Lagebericht zum Kosovo, in dem er Befürchtungen vor neuer Gewalt im Kosovo und ihrem Überschwappen in den Süden Serbiens äußerte. Das „Potenzial“ dafür sei gegeben, warnte Annan.