„Bremer Versprechen“ wird eingelöst

■ Fünf Bremer Schulen wollen eine Schule im türkischen Erdbebengebiet wieder aufbauen – 10.000 Mark sind schon da

Schüler helfen Schülern: 10.000 Mark haben Bremer Pennäler gesammelt, damit das Bergdorf Degirmendere wieder eine Schule bekommt. Die alte ist beim Erdbeben im letzten August zerstört worden. Außerdem legen die Bremer Schüler an fünf Schulen eine Broschüre auf, in der türkische Schüler über ihre Erlebnisse in der zerstörten Region berichten. Der Erlös soll ebenfalls der Schule in Degirmendere zugute kommen.

Einer von denen, die das Beben der Erde erlebt haben, ist der 17-jährige Ali Basay. „Ich war nicht wichtig“, erzählt er von dieser Nacht. „Ich hab' mich nur um meine Familie gekümmert.“ Die überlebte unverletzt. „Aber meine kleine Schwester hat die Leichen ihrer Freunde gesehen.“

Dass ausgerechnet der 2000-Seelen-Ort Degirmendere Objekt schülerischer Hilfsbereitschaft ist, hat durchaus hanseatische Gründe: Es waren Bremer Taxifahrer, die als allererste Helfer nach dem Erdbeben in das Dörfchen vordrangen. Sie versprachen Hilfe für den Wiederaufbau. „An diese Zusage wollen die Schüler und Lehrer mit ihrer Geldsammlung anknüpfen. Sie begreifen sie als ein Bremer Versprechen“, heißt es in dem Vorwort zur geplanten Broschüre, das Bildungssenator Willi Lemke unterschreiben soll.

Die beteiligten Schulen sind die Schulzentren Kornstraße, Pestalozzistraße und Findorff, die Grundschule Halmerweg und die Orientierungsstufe Fischerhuder Straße.

Dort kamen die ersten 10.000 Mark per Sammelaktion, mit einem Schulfest und mit Essensverkauf in der Schule sowie auf einem Wochenmarkt zusammen. Doch das Geld ist noch nicht vor Ort.

„Wir werden zuerst 3.000 Mark überweisen“, so Lehrer Bodo Bilinski, der in den Osterferien hinfährt um nachzusehen, was mit dem Bremer Geld geschieht. Dann soll nach und nach der Rest geschickt werden. Denn „wir haben ein gewisses Quantum an Misstrauen gegenüber einer möglichen Veruntreuung des Geldes.“ Später berichtigt Bilinski: „Kein Misstrauen, aber der Dorfvorsteher hat viele andere Probleme. Zum Beispiel eine zerstörte Wasserleitung.“

Das Beben hat in Degirmendere niemanden getötet, aber es hat viel kaputt gemacht. Die einzige Lehrerin unterrichtet etwa 140 Kinder im Schichtbetrieb in dem einzig verbliebenen Raum. „Die anderen Lehrer haben sich mangels Unterkünften verflüchtigt“, sagt Bilinski. Mit dem Bremer Geld sollen Materialien gekauft werden, um das Schulhaus wasserdicht und beheizbar zu machen. Diese Arbeiten werden die Dorfbewohner erledigen. Auch Lehrerunterkünfte sollen gebaut werden, „aber ob wir das schaffen“, sagt Lehrer Umit Zerdali, „ist erst mal zurückzustellen.“

Nach den Osterferien soll die Broschüre erscheinen, geplante Auflage: 500 bis 1.000 Stück. Bis jetzt haben die Initiatoren etwa 20 Beiträge zusammen. Auch Sponsoren sollen das Projekt unterstützen. Ein „Bettelbrief“-Entwurf an Bremer Unternehmen ist auf dem Weg zu Willi Lemke, der ihn unterschreiben soll. „Das mit dem Sponsoring sollte in seinem Sinne sein“, sagt Bilinski, „vor allem, wenn's für einen guten Zweck ist.“ sgi