Das neue Haus der Bücher

Neuer Lesesaal für Staatsbibliothek Unter den Linden. Stuttgarter Architekt gewinnt Bauwettbewerb. „Lichtwürfel“ beherbergt 350.000 Bände. Neubau und Sanierung kosten 570 Millionen Mark

Die Kuppel des Reichstags erhält Konkurrenz. Nach der Entscheidung des „Bauwettbewerbs für die Wiederherstellung der Staatsbibliothek Unter den Linden“ soll sich ein gläserner Würfel über dem Altbau erheben. Der riesige Lesesaal nach dem Entwurf des Architekten HG Merz (Berlin/Stuttgart) ragt nach seiner Realisierung mit einer Höhe von 34 Metern aus der Staatsbibliothek. Auch in der Dimension der Kosten reichen die Bauarbeiten für die Bibliothek an den Reichstag heran. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) investiert in den Neubau sowie die Sanierung der Staatsbibliothek rund 570 Millionen Mark.

Der lichte Neubau ersetzt nach Ansicht von Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung, das „im Zweiten Weltkrieg zerstörte Herzstück der Bibliothek“ – den runden Lesesaal der früheren Nationalbibliothek. Die Jury, so Lehmann, habe sich für die Merz-Pläne entschieden, da diese „die historische Idee des Lesesaals als Zentrum des Gebäudes in einer modernen Architektursprache aufnehmen“. Anstelle einer Rekonstruktion sollte ein zeitgenössischer Bau für die Anforderungen einer modernen Bibliothek entstehen, in der „die Leser und das Buch im Zentrum stehen“.

An dem internationalen Wettbewerb hatten nach einer Vorauswahl 15 Architekturbüros teilgenommen. Merz verwies dabei so renommierte Stararchitekten wie Hans Kollhoff, Meinhard von Gerkan oder Josef Paul Kleihues auf die Plätze, erläuterte Florian Mausbach, Chef der Bundesbaudirektion. Mit dem Bau wird im Jahr 2002 begonnen, da zuvor Abrissarbeiten im Innern des Bibliotheks-Ensembles Unter den Linden vorgenommen werden müssen.

Den Mittelpunkt des neuen „würfelförmigen Lichtkörpers“, sagte Antonius Jammers, Direktor des Hauses, bildet der holzverkleidete Lesesaal mit Raum für 250 Leseplätze. Die vier Seiten des Saals umschließen mehrstöckige Galerien, die die Bücher des Präsenzbestandes beherbergen. Darüber lösen sich die Wände in transparente Fassaden auf, die in einem „Glashimmel“ enden.

„Das Haus für Bücher“, so Jammers, werde in seinem Untergeschoss Magazine enthalten. Ein Zwischengeschoss wird für Ausleihen reserviert sein. Hier verlangt die Jury noch Veränderungen: So kritisierte Lehmann, dass bei den Verbindungen zwischen Alt- und Neubau sowie an den Verkehrswegen innerhalb des Neubaus nachgebessert werden müsse.

Nach Darstellung des Stiftungspräsidenten wird parallel zum 70 Millonen Mark teuren Lesesaal der gesamte Bibliothekskomplex in den kommenden zehn Jahren saniert. Insgesamt würden in das Projekt 570 Millionen Mark aus Mitteln des Bundes und der Länder investiert, sagte Lehmann. Die Baumaßnahmen sollen 10 bis 12 Jahre in Anspruch nehmen.

Das Haus Unter den Linden ist neben dem Scharoun-Bau am Kulturforum das zweite Gebäude der „Staatsbibliothek zu Berlin“ und beherbergt nach der Neuordnung 1999 die größte wissenschaftlichen Universalbibliothek in der Bundesrepublik Deutschland.

ROLF LAUTENSCHLÄGER