grüne krise
: ALLES DADA ODER GAGA?

Die Grünen werden wieder zu den Grünen. Wenn sich Gunda Röstel aus dem Parteivorstand zurückgezogen hat, ist kein Spitzenamt mehr aus den Reihen von Bündnis 90 besetzt. Bei bundesweiten Wahlen wird es künftig enger und enger werden. Allerdings nicht nur deshalb. Was sich hinsichtlich interner Meinungsverschiedenheiten derzeit abspielt, legt Zeugnis davon ab, wie weit sich eine Partei bei der Beschäftigung mit sich selbst von den Themen entfernen kann, die ihre möglichen Anhänger beschäftigen.

Da schreibt im Vorfeld der Delegiertenkonferenz der gewählte Bundesvorstand einen Brief, in dem er um Unterstützung für seine Position zu verschiedenen Fragen wirbt. Auch bei der Parteiprominenz. Das halten einige Landesverbände nicht für einen normalen Vorgang, sondern für undemokratisch. Der Vorstand tritt in dem Schreiben unter anderem für eine Modifizierung des bisherigen strikten Grundsatzes der Trennung von Amt und Mandat ein. Damit lässt sich die Unterschrift zu dem Brief ebenso wie deren Ablehnung sowohl als Unterstützung für den Vorstand wie auch als Ausdruck des Missfallens an seiner Arbeit werten. Wer sich nämlich für eine Strukturreform ausspricht, kann damit entweder Solidarität mit dem Vorstand ausdrücken oder die Ansicht, dass der bisherige Vorstand dringend abgewählt werden muss und Mandatsträger an seine Stelle treten sollen. Oder umgekehrt. Das ist nicht mehr allein der alltägliche Wahnsinn. Das ist Dada. Oder Gaga.

Dabei ist eigentlich alles gar nicht so kompliziert. Die Grünen brauchen einen professionellen, gut ausgestatteten Vorstand und müssen deshalb auch zum Abschied von überholten Traditionen bereit sein. Das ist aber lediglich die Voraussetzung, um einen Weg aus der Krise zu finden, und nicht bereits der Ausweg selbst. Eine Partei wird nicht wegen ihrer Struktur gewählt, sondern wegen ihrer Inhalte. Welche Fragen finden die Grünen denn nun wichtig? Die Probleme des ländlichen Raumes. Mit denen sollen sich die Delegierten am letzten Tag des Parteitags befassen. Krieg und Frieden spielen hingegen keine Rolle mehr, seit die Delegierten des Parteitags in Bielefeld dem Einsatz der Bundeswehr im Kosovo grundsätzlich zugestimmt haben. Gut, dass wenigstens die Prioritäten klar sind. BETTINA GAUS